Deutschland
Streit über weiteres Vorgehen beim NPD-Verbotsantrag
Ex-Verfassungsrichter für komplette Überarbeitung - NPD kann möglichweise bei Wahlen antreten
Berlin/Halle - Der ehemalige deutsche
Verfassungsgerichtspräsident Ernst Benda hat sich pessimistisch über
den Fortgang des NPD-Verbotsverfahrens geäußert. Um Erfolg zu haben,
müsse der Antrag vor dem Bundesverfassungsgericht praktisch neu
gestellt werden, sagte Benda am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung
"Berlin Mitte". Es sei unwahrscheinlich, dass dies noch vor der
Bundestagswahl gelinge. Ob unter den vom Karlsruher Gericht geladenen
NPD-Funktionären weitere V-Männer des Verfassungsschutzes sind, war
weiterhin unklar. Benda sagte, dass die Verfassungsrichter nun die Frage nach der
V-Mann-Problematik insgesamt stellen würden. Dann müssten die
Antragsteller möglicherweise in Anwesenheit des NPD-Anwalts Horst
Mahler darüber Auskunft geben, wie der Verfassungsschutz innerhalb
der NPD tätig gewesen sei. Die Politik habe dieses Problem noch nicht
wirklich erkannt. Er sprach sich dafür aus, die Anträge von
Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat so umfassend zu
überarbeiten, dass es auf einen neuen Antrag hinauslaufe. Weil das
Verfahren dann wohl nicht vor September abgeschlossen werden könne,
werde die NPD wahrscheinlich an der Bundestagswahl teilnehmen und die
Wahlkampfkosten erstattet bekommen.
Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz versicherte in der
gleichen Sendung, dass unter den von dem Gericht geladenen 14
"Auskunftspersonen" außer dem ehemaligen NPD-Funktionär Wolfgang
Frenz keine weiteren V-Leute des Verfassungsschutzes seien. Der
FDP-Innenpolitiker Edzard Schmidt-Jortzig sagte dagegen in mehreren
Radiointerviews, es sei nicht auszuschließen, dass unter den 14 noch
weitere V-Männer seien. Die Sitzung des Innenausschusses am
Donnerstagabend habe darüber keine Klarheit gebracht.
Sachsen-Anhalts Innenminister Manfred Püchel (SPD) gab Anlass zu
Spekulationen über weitere V-Leute. In einem Interview der
"Mitteldeutschen Zeitung" (Freitagsausgabe) sprach er sich gegen eine
Überarbeitung der Verbotsanträge aus und sagte zur Begründung: "Es
ist nicht möglich, die Anträge zu überarbeiten und unsere Quellen
einfach rauszustreichen. Dann wären diese ja enttarnt." Der
stellvertretende Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion Wolfgang
Bosbach (CDU) forderte am Freitag Korrekturen an den Anträgen: Um ein
Scheitern des Verfahrens zu verhindern, müssten die Antragsteller nun
über eine Optimierung beraten, sagte Bosbach im Deutschlandradio.
Auch der ehemalige Verfassungsschutz-Präsident Eckart Wertebach
forderte im ZDF eine Überarbeitung der Verbotsanträge. (APA/AP)