Berlin - In der V-Mann-Affäre wächst der Unmut über die Informationspolitik des deutschen Innenminister Otto Schily. Der SPD-Innenpolitiker Hans-Peter Kemper forderte Schily laut "Bild"-Zeitung auf, alle V-Männer in den NPD-Verbotsanträgen zu nennen. Der FDP-Innenexperte Max Stadler sagte, die Dementis des Innenministeriums zu Berichten über weitere Spitzel würden "immer unglaubwürdiger". Die Verbotsanträge von Regierung, Bundestag und Bundesrat müssten zurückgezogen und gegebenenfalls neu gestellt werden. Am Wochenende hatte das Innenministerium einem Bericht der "Welt am Sonntag" widersprochen, nach dem zwei weitere V-Leute aus Thüringen und Sachsen-Anhalt in den Verbotsanträgen genannt werden. Die Nachforschungen der 17 Verfassungsschutzämter hätten keine entsprechenden Erkenntnisse erbracht, hieß es. Die Enttarnung des V-Mannes Wolfgang Frenz hatte vor zwei Wochen zur Aussetzung des NPD-Verbotsverfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht geführt. Bis kommenden Montag müssen die Antragsteller in Karlsruhe eine schriftliche Stellungnahme zu dem Fall einreichen. SPD-Politiker Kemper bezeichnete die Pannen im Innenministerium laut "Bild" als "Katastrophe": "Was an V-Leuten noch in der Röhre ist, muss jetzt auf den Tisch. Die Verfassungsrichter müssen alles wissen", betonte er. Verschleierungsaktionen dürfe es nicht mehr geben. Stadler sagte in einem NDR4-Interview, das Verfahren leide darunter, dass niemand genaue Kenntnisse über die V-Leute im Beweismaterial gegen die NPD habe. "Es wäre das Beste, die Anträge zurückzunehmen", sagte der FDP-Politiker. Er sprach sich dafür aus, die für den 20. Februar geplante dritte Anhörung Schilys zu der Affäre im Innenausschuss des Bundestags vorzuziehen. Nach Auffassung des niedersächsischen Justizministers Christian Pfeiffer hat die V-Mann-Affäre der NPD "riesigen Rückenwind" verschafft. "Sie triumphiert, sie feiert Freudenfeste im Augenblick und das wird leider die Arbeit gegen die NPD sehr erschweren", sagte Pfeiffer der in Hannover erscheinenden "Neuen Presse" (Montag-Ausgabe). Dennoch reichten die Beweise nach wie vor aus, die NPD zu verbieten und ihr damit das Parteienprivileg zu nehmen, betonte Pfeiffer.(APA/AP)