Ökologie
Mangel an Zelten
... im türkischen Bebengebiet - Regierung bereitet Hilfe für Erdbebenopfer vor - Warnung vor Beben in Istanbul
Im Erdbebengebiet in der Westtürkei
mangelt es noch immer an Zelten und Unterkünften. Auch Medikamente
würden knapp, berichteten örtliche Behörden am Dienstag. Am dritten
Tag nach dem schweren Beben, bei dem 43 Menschen ums Leben kamen und
mehr als 600 Gebäude beschädigt wurden, verbringen noch immer viele
Menschen die kalten Nächte notdürftig unter Planen, auf den
Ladeflächen von Anhängern oder Lastwagen. Nach Ansicht von
Geowissenschaftern muss die Türkei jederzeit mit weiteren schweren
Erdbeben bis zu einer Stärke 7 rechnen. "Wir haben Hunger. Seit drei Tagen sind wir auf der Straße",
beklagten sich einige, als der türkische Vizepremier Mesut Yilmaz am
Dienstag das Krisenzentrum in der Gemeinde Bolvadin besuchte. Andere
Betroffene sagten im türkischen Fernsehen: "Mit dem Essen helfen wir
und schon gegenseitig, wir sterben nicht vor Hunger, aber gegen die
Kälte können wir nichts machen."
Unterdessen hat der Rote Halbmond an zentralen Stellen Zeltlager
errichtet. Dort wird auch warmes Essen verteilt. Nach Angaben des
Katastrophenschutzamtes in Ankara wurden 3.650 Zelte, 3.000
Heizgeräte, 13.000 Decken sowie Toilettencontainer in das
Erdbebengebiet geschickt. Wie das Amt am Dienstag mitteilte, sollen
etwa 250 Fertighäuser aufgestellt werden. Der Transport und der
Aufbau der Unterkünfte werde allerdings etwa drei Monate in Anspruch
nehmen.
Warnung vor Beben in Istanbul
Die nächsten Beben würden sich wahrscheinlich immer näher bei
Istanbul ereignen, sagte der Münchner Geoforscher Prof. Heiner Igel
am Dienstag in München bei einem Treffen zur weltweiten Gefährdung
durch Erdbeben und Vulkanausbrüche. Die Türkei liege in einer starken
Verwerfungszone, die Beben rückten immer weiter in den Westen.
"Dem unausweichlichen Marmara-Beben kommen wir jeden Tag einen Tag
näher", warnte auch der Leiter der Istanbuler Erdbebenwarte, Prof.
Ahmet Mete Isikara. "Bei einem starken Beben können Hochstraßen und
Talbrücken in Istanbul einstürzen. Die Brücken müssen unbedingt
verstärkt werden." Keine Gefahr sieht der Professor indes für die
beiden Bosporus-Brücken. Die Hängebrücken würden einem Beben
standhalten.
Regierung bereitet Hilfe für Erdbebenopfer vor
Im Erdbebengebiet von Afyon hat die Staatsanwaltschaft
Untersuchungen eingeleitet, um dem Verdacht von "Pfusch am Bau"
nachzugehen. Bei dem Beben wurden zahlreiche öffentliche Gebäude
beschädigt, ein Gewerbegebiet stürzte nahezu komplett ein. In einem
Neubaugebiet war ein achtstöckiges Haus wie Domino-Steine umgefallen.
"Der Staat hat seine Lektion gelernt", schrieb am Dienstag eine große
türkische Zeitung mit Blick auf die schnelle Hilfe, "die
Bauunternehmer aber nicht."
Wohl nur wenige der Erdbebenopfer können mit Entschädigungen für
die zerstörten Gebäude rechnen. Obwohl Versicherungen gegen
Erdbebenrisiken nach den beiden schweren Beben 1999 gesetzlich
vorgeschrieben wurden, waren in der jetzt betroffenen Provinz Afyon
nicht einmal 10.000 Gebäude versichert. (APA)