München - NATO-Generalsekretär George Robertson hat Europas militärische Schwäche kritisiert. Um die USA nicht zu Alleingängen zu zwingen, müssten die Europäer ihre technologischen Lücken endlich schließen, sagte Robertson am Sonntag zum Abschluss der 38. Konferenz für Sicherheitspolitik in München. Im Kampf gegen den internationalen Terrorismus sei auch eine Supermacht auf Partner angewiesen, sagte Robertson. An der Konferenz, die früher unter der Bezeichnung "Wehrkundetagung" bekannt war, nahmen rund 250 Politiker und Militärexperten aus 43 Ländern teil. Österreich wurde durch Außenministerin Benita Ferrero-Waldner (V) vertreten. "Sogar Supermächte brauchen Verbündete und Koalitionen, die ihnen Stützpunkte, Benzin, Luftraum und Truppen zur Verfügung stellen", sagte Robertson und unterstrich die unverzichtbare Rolle der NATO. Auch Deutschlands Verteidigungsminister Rudolf Scharping forderte die USA auf, den Kampf gegen den Terrorismus nur im Schulterschluss mit den Verbündeten und Partnern weltweit zu führen. Globale Sicherheit und Zusammenarbeit sei nur zu erreichen, "wenn wir mit dem eigenen europäischen und transatlantischen Beispiel dafür zu werben". Vor den versammelten Politikern und Militärs aus 43 Staaten schlug Scharping eine europäische Vereinbarung über den Mindestumfang der Verteidigungsausgaben vor. Wie der Stabilitätspakt für den Euro bestimmte Defizitgrenzen setze, könnten die Staaten in ihren Wehretats bestimmte Mindestausgaben für Investitionen festschreiben. Für die Europäer hänge die Legitimation militärischen Handelns von der Multinationalität ab, mahnte der SPD-Politiker mit Blick auf amerikanische Drohungen gegen so genannte Schurkenstaaten wie den Irak, den Iran und Nordkorea. Der US-amerikanische demokratische Senator Joseph Lieberman sagte, es sei Zeit für alle NATO-Staaten, die internen politischen Widerstände zu überwinden und der Aufwertung der Streitkräfte umgehend Priorität einzuräumen. Er sprach sich dafür aus, bei der NATO-Konferenz im November in Prag alle europäischen Staaten in die Allianz aufzunehmen, die die Kriterien der NATO erfüllten und einen Beitrag zur gemeinsamen Sicherheit leisten könnten. Namentlich nannte er die drei baltischen Republiken sowie Slowenien, die Slowakei, Bulgarien und Rumänien. Der russische Verteidigungsminister Sergeji Iwanow rechtfertigte den Kampf gegen die Separatisten in Tschetschenien als Teil der internationalen Anti-Terror-Kampagne. Die Anschläge in den USA seien ebenso Terrorakte wie Anschläge in Tschetschenien und Dagestan im Kaukasus. Die Staatengemeinschaft forderte er auf, eine einheitliche Definition von Terrorismus zu entwickeln. Wenn tschetschenische Bombenleger in Moskau als Freiheitskämpfer bezeichnet würden, "ist an eine vereinigte antiterroristische Front nicht zu denken", sagte Iwanow. Ferrero-Waldner sprach sich im Zusammenhang mit dem Thema Terrorbekämpfung schon am Samstag für eine schnelle und umfassende Hilfe Afghanistans und der gesamten zentralasiatischen Region aus. Diese sei auch deshalb notwendig, um die Opium-Produktion des Landes zu beenden, so Ferrero-Waldner. Wenn die internationale Gemeinschaft nicht sofort eingreife, werde der Opium-Anbau wieder ausgeweitet werden, was wieder Geldquellen für die Kriminalität eröffne. Für die nähere Zukunft Afghanistans hielt die Außenministerin eine Auflösung der nichtstaatlichen militärischen Verbände für notwendig. Die Reihenfolge der "klassischen Abrüstung" müsse aber möglicherweise wegen der Besonderheiten der afghanischen Gesellschaft geändert werden. Vorrang sollte die Reintegration der vielen Tausend Kämpfer in die zivile Gesellschaft haben. Deren Entwaffnung könne "vielleicht später" erfolgen, meinte Ferrero-Waldner. (APA/AP/Reuters/dpa)