International
USA zum Krieg gegen Irak bereit
US-Regierung will Hussein mit militärischer Kraft stürzen - Irak droht mit "schlimmeren Ereignissen als am 11. September"
München/Ankara/Moskau/Teheran - Die
US-Regierung ist offenbar entschlossen, den irakischen Staatschef
Saddam Hussein mit militärischer Gewalt zu stürzen. Der türkische
Ministerpräsident Bülent Ecevit hat den Machthaber in Bagdad am
Montag dringend aufgefordert, die UNO-Waffenkontrollore unverzüglich
wieder ins Land zu lassen. Der irakische Vizepremier Tarek Aziz hat
den USA mit "noch schlimmeren Ereignissen als am 11. September" 2001
gedroht, falls Washington seine Politik fortsetzt, die seit den
Terroranschlägen des Vorjahres "noch schmutziger" geworden sei.Ecevit: Lage sehr ernst
In einem in Ankara als letzte Warnung verstandenen Brief an den
irakischen Präsidenten hob Ecevit hervor, der Irak sehe sich einer
"neuen großen Gefahr" gegenüber. "Wenn die Lage nicht sehr ernst
wäre, hätte ich diese Mahnung nicht als zwingend angesehen", heißt es
in dem in Ankara veröffentlichten Brief, der durch den türkischen
Botschafter in Bagdad übermittelt wurde. Ecevit, der Mitte Jänner die
USA besucht und mit Präsident George W. Bush gesprochen hatte, weist
darauf hin, er habe bei all seinen Bemühungen, die Gefahr einer
eventuellen US-Militäraktion gegen den Irak abzuwenden, "kein
positives Ergebnis" erzielen können. Wenn Bagdad die UNO-Kontrollen
nicht wieder zulasse, könnten "schwerwiegende Ereignisse" eintreten,
die auch der Türkei großen Schaden zufügen würden.
"Machtverhältnisse in Bagdad ändern"
Bush habe in seiner Rede zur Lage der Nation "klargemacht, dass
wir vorhaben, die Machtverhältnisse in Bagdad zu ändern", sagte der
führende Pentagon-Berater Richard Perle der "Financial Times"
Deutschland (FTD) am Rande der Münchner Konferenz für
Sicherheitspolitik. "Ich denke, es gibt nichts, was Saddam Hussein
tun könnte, um uns zu überzeugen, dass vom Irak keine Gefahr mehr
ausgeht", sagte Perle. Dies könnte nur ein Regimewechsel bewirken.
Der Krieg gegen den Irak könnte nach dem Vorbild der Intervention in
Afghanistan geführt werden: mit massiven US-Luftangriffen,
Spezialeinheiten am Boden und einheimischen Oppositionstruppen, die
die Hauptlast der Kämpfe tragen.
Irak: US-"Politik noch schmutziger geworden"
"Nach dem 11. September haben die Vereinigten Staaten ihre Politik
intensiviert, die die Attentate verursacht hat", sagte Vizepremier
Tarek Aziz in einem in Moskau veröffentlichten Interview. "Ihre
Politik ist noch schmutziger geworden. Wenn das so weiter geht, dann
wird etwas noch viel Schlimmeres passieren als am 11. September",
betonte der irakische Politiker. Scharfe Kritik übte Aziz an den
Forderungen der russischen Regierung, der Irak solle unverzüglich die
Rückkehr der UNO-Waffeninspektoren ermöglichen. "Die Inspektoren sind
Spione. Der Irak hat seine Verpflichtungen bei der Abrüstung
erfüllt", fügte der Politiker hinzu.
Kritik von Deutschland
Der Staatsminister im deutschen Auswärtigen Amt, Ludger Volmer,
hat die amerikanischen Drohungen gegen den Irak scharf kritisiert. Er
warf den Amerikanern vor, lediglich "alte Rechnungen" begleichen zu
wollen und dafür das Terror-Argument zu benützen. Die Lösung könne
aber nicht darin liegen, den Irak jetzt anzugreifen. Auf der
Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik hatte US-Vizeaußenminister
Paul Wolfowitz am Wochenende die Drohung gegen so genannte
"Schurkenstaaten" erneuert. Während Wolfowitz keine Namen nannte,
bereitete US-Senator John McCain die Teilnehmer darauf vor, dass die
"nächste Front" gegen den Irak verlaufen werde.
Besorgnis über NATO
Der Koordinator der Münchner Konferenz und frühere Kanzlerberater
Horst Teltschik brachte in einem Interview im ORF-Mittagsjournal
seine Besorgnis angesichts der amerikanisch-europäischen Differenzen
in der Irak-Frage zum Ausdruck. Es stelle sich die Frage, ob die
NATO das Ungleichgewicht auf Dauer werde aushalten können.
Angriff wäre "riesiger irreparabler Schaden"
Der Iran hat die USA vor militärischen Angriffen gewarnt. Jede
Attacke gegen den Iran wäre ein "riesiger irreparabler Schaden",
sagte am Montag der Sprecher des iranischen Außenministeriums,
Hamid-Reza Assefi. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hatte der iranischen
Regierung vorgeworfen, sie helfe El Kaida-Kämpfern und Taliban bei
der Flucht aus Afghanistan. (APA/APA/dpa/Reuters)