Wien - 90.000 Kinder leben nach offiziellen Angaben in der
Ukraine auf der Straße. Die Dunkelziffer ist zwei- bis dreimal so
hoch. "Buben und Mädchen suchen Zuflucht in Kanalschächten, sie
schlagen sich mit Betteln, Stehlen und Autoscheibenwaschen durch",
schilderte Barbara Coudenhove-Kalergi bei einer
Pressekonferenz in Wien.
"In diesem Land ist nicht nur die Ökonomie zusammengebrochen,
sondern auch die Gesellschaft", sagte Coudenhove-Kalergi, die sich in
den vergangenen Tagen an Ort und Stelle ein Bild von der Caritashilfe
in der Ukraine gemacht hat. 30 bis 40 Prozent der Einwohner sind
arbeitslos, mit einem durchschnittlichen Einkommen von umgerechnet 35
bis 60 Euro und Pensionen von nur zwölf bis 30 Euro
können die Menschen kaum überleben. Die
Ausbreitung der Tuberkulose nimmt dramatisch zu.
Hilfsprojekt der Caritas
Ein Tageszentrum und eine Notschlafstelle der Caritas in Kiew ist
für Tausende Straßenkinder die einzige Zufluchtsstätte in der
Dreimillionenstadt. Die Buben und Mädchen "werden gewaschen,
medizinisch versorgt, sie bekommen frische Kleidung und zweimal am
Tag zu essen", erzählte der Wiener Caritas Direktor Michael Landau.
"Mit relativ geringen Mitteln können wir eine Reihe von gut
funktionierenden Einrichtungen erhalten und Menschen wieder eine
Chance auf und ein Gefühl von Mitmenschlichkeit geben."
Die Caritas Wien betreibt in der Ukraine zwei Kinderheime, sechs
Tagesstätten und fünf derartige Einrichtungen für ältere Menschen
sowie einen mobilen Krankenpflegedienst. Bereits mit 20 Euro kann
einem Kind Schutz und Geborgenheit gegeben werden. "Wir können die
unmenschliche Not nicht allein bewältigen, aber mit Wissen und
Know-how viel bewegen." Die Modellprojekte würden Regierungen und
Behörden positive Beispiele geben.
6,54 Mill. Euro (90 Mill. S) wendet die Caritas in diesem Jahr für
die Osteuropahilfe auf, die Regierung 10,9 Mill. Euro (150 Mill. S).
"Es wäre ein gutes Zeichen, diesen Betrag zumindest zu verdoppeln",
betonte Caritas Präsident Franz Küberl. "Das Bekenntnis zur
Osterweiterung muss sich über die Beitrittsländer hinaus erstrecken.
Dazu gehört neben wirtschaftlichen Investitionen auch die
Bereitschaft, an den sozialen Strukturen mitzubauen." (APA)