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Rom/Berlin/Washington - Die neue Woche im transatlantischen Verhältnis hat begonnen, wie die alte endete: Bei einem Nato-Kolleg in Rom hat Italiens Verteidigungsminister stellvertretend für die 17 anderen europäischen Nato-Verbündeten seine Zweifel am militärischen Alleingang der USA in diplomatische Wendungen gekleidet. "Ich bin optimistisch, dass es keine andere Operation wie in Afghanistan geben wird. Die Schurkenstaaten haben ihre Lektion gelernt", meinte Antonio Martino. Der Staatsminister im deutschen Außenministerium, Ludger Volmer, war unverblümter. Der Irak sei zwar ein übler Staat, aber es gebe keine Anzeichen dafür, dass er in den Terrorismus gegen die USA involviert sei, sagte der Grünen-Politiker am Montag dem ZDF. Will heißen: Washington habe kein Recht, den Antiterrorkrieg auf den Irak auszuweiten. Die Vorstellung von einem weiteren Feldzug gegen Saddam Hussein, von US-Politikern bei der Münchner Sicherheitskonferenz am vergangenen Wochenende neu angefacht, ist zu einem der drei Streitpunkte in der Allianz geworden:

  • Achse des Bösen: Kanada und die europäischen Nato-Verbündeten haben Vorbehalte gegen die Stigmatisierung von Irak, Iran und Nordkorea als eine "Achse des Bösen".

  • Militärbudgets: Washington sieht die finanziellen Leistungen der Europäer weit unter den Vorgaben, die beim Nato-Jubiläumsgipfel in Washington 1999 unterzeichnet worden waren ("Defense Capabilities Initiative").

  • Technologielücke: Die Europäer werfen den USA vor, neue Rüstungstechnologie nicht zu teilen. Die Amerikaner warnen die Europäer, nicht den Anschluss zu verlieren.

Unterstützung in der Irak-Frage hat Washington nun vom Nato-Partner Türkei erhalten. In einem in Ankara als letzte Warnung verstandenen Brief an den irakischen Staatschef hob der türkische Premier Bülent Ecevit hervor, der Irak sehe sich einer "neuen großen Gefahr" gegenüber. "Wenn die Lage nicht sehr ernst wäre, hätte ich diese Mahnung nicht als zwingend angesehen", hieß es in dem in Ankara veröffentlichten Brief, der durch den türkischen Botschafter in Bagdad übermittelt wurde. Wenn Bagdad die UNO-Kontrollen nicht wieder zulasse, könnten "schwer wiegende Ereignisse" eintreten, schrieb Ecevit.

Doch die Einwände gegen Washingtons "neuen Internationalismus" griff nun selbst der stets um Vermittlung bemühte Nato-Generalsekretär George Robertson auf. "Kein einzelnes Land - nicht einmal die USA - können erfolgreich allein militärische Gewalt anwenden", sagte Robertson beim Nato-Russland-Kolleg in Rom. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 5.2.2002)