Politik lebt von Inszenierung. Zu keinen Zeiten wird dies offensichtlicher als zu Weihnachten, Ostern, im August und während der Semesterferien in Wien. Da macht die Politik Pause. Denn obwohl die meisten Regierungsmitglieder keine Kinder (mehr) in der Schule haben, meldet man sich in der Bundeshauptstadt gern kollektiv ab. Letzte Woche wurde aufgeregt die schwarz-blaue Halbzeitbilanz diskutiert. Seit Montag jedoch ist der Gesprächsfaden abrupt abgerissen. Denn auch die Opposition begibt sich häufig gemeinsam mit den Machthabern in den Urlaub. Das ist für Letztere ziemlich bequem und für Journalisten erstaunlich. Gäbe es doch kaum eine bessere Gelegenheit, nicht nur Parkflächen in der Wiener Innenstadt, sondern auch Platz in den Medien zu ergattern, weil sich das Rad der Innenpolitik gerade langsamer dreht.

Nur VP-Klubobmann Khol nutzte am Montag die Gunst der (Ferien-)Stunde, um einmal nicht im Doppelpack mit Herrn Westenthaler auftreten zu können. Er veranstaltete allein eine Pressekonferenz - die einzige innenpolitische in Wien übrigens. Heute, Dienstag, tritt sein abgängiger "Zwilling" Westenthaler unter schlechteren Bedingungen an. Denn ein für Ferienzeiten überraschendes Gedrängel zeichnet sich ab: Gleich vier andere Politiker geben sich die Ehre, obwohl die Wetterprognose erst ab Mittwoch vom Ende des Sonnenskilaufs kündet.

Mag sein, dass bei den Ferien langsam nur noch auf das Bildungswesen Verlass ist: Von einem Studenten-"Tumult" aufgrund limitierter Studienplätze berichtete die Uni Wien in einer Aussendung. Ob die Spitzenfunktionäre der Uni davon überhaupt Notiz genommen haben? Dem STANDARD gelang es nicht, irgendjemanden dazu telefonisch zu erreichen. Schließlich hat gerade die einmonatige vorlesungsfreie Zeit begonnen.

(DerStandard,Print-Ausgabe,5.2.2002)