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Wien - Das Bundeskanzleramt hat den schon länger erwarteten Entwurf des neuen Bundesvergabegesetzes (BVergG), das die Erteilung öffentlicher Aufträge regelt, vorgelegt. Bedarf nach einer Gesetzesnovelle besteht dringend: Ausgelöst wurde er unter anderem durch zwei Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes, wonach zum einen der Rechtsschutz nach dem BVergG verfassungswidrig organisiert sei und zum zweiten auch Aufträge mit geringerem Auftragsvolumen (unter den durch EU-Vergaberichtlinien festgelegten Schwellenwerten) vom österreichischen Vergaberecht erfasst sind. Nach dem (gescheiterten) Entwurf des BVergG 2000 ist nun abermals eine weitgehende Neufassung geplant. Dabei sollen offensichtlich einerseits schon längst überfällige Reformen umgesetzt und andererseits auf EU-Ebene derzeit diskutierte Modernisierungstendenzen im Vergaberecht vorweggenommen werden. Während Ersteres aufgrund der Entscheidungen der Vergabekontrollinstanzen verständlich ist, führt Letzteres zu nicht unproblematischen Ergebnissen. Parallelle EU-Reform Der Grund dafür ist die parallell erfolgende Reform des EU-Vergaberechts, auf dem auch das BVergG basiert. Die nun geplante Fassung des BVergG übernimmt daher auch große Teile des bereits seit Mai 2000 vorliegenden Entwurfs der neuen EU-Vergaberichtlinien. Gerade diese stellen jedoch nur einen Vorschlag der Europäischen Kommission dar und sind auf EU-Ebene noch nicht beschlossen. Das Europäische Parlament hat den Kommissionsvorschlag auch tatsächlich am 17. Jänner 2002 in wesentlichen Punkten geändert. Es handelt sich dabei unter anderem um die Anhebung der Schwellenwerte, die bestimmen, ob ein öffentlicher Auftrag in den Vollanwendungsbereich des EU-Vergaberechts fällt, sowie um die Festlegung, inwiefern Sozial- und Umweltkriterien bei Ausschreibungen beachtet werden können. Es ist zu erwarten, dass die endgültige Fassung der Richtlinien einige der nun vom Europäischen Parlament aufgeworfenen Punkte berücksichtigen wird. Aus dieser Sicht ist der neue Entwurf des BVergG schon jetzt nicht mehr aktuell. Das ist für den österreichischen Gesetzgeber von großer Relevanz. Immerhin ist er gehalten, die neuen Richtlinien dann auch binnen entsprechender Frist innerstaatlich umzusetzen. Sollte der vorliegende Entwurf des BVergG daher tatsächlich nicht vor Gesetzwerdung an diese Neuerungen angepasst werden, ist die nächste BVergG-Novelle bereits jetzt absehbar. Unsicherheiten gehen weiter Garantiert wäre dadurch eine Perpetuierung der schon bisher bestehenden Unsicherheiten im österreichischen Vergaberecht, die bisher schon oft durch Abweichungen zwischen den EU-und den innerstaatlichen Bestimmungen verursacht wurden. Der österreichische Gesetzgeber wird daher überlegen müssen, ob er die Neufassung des BVergG nicht so lange aufschiebt bis feststeht, welche EU-Regelungen in Österreich umzusetzen sein werden. Das wäre zumindest für eine gewisse Kontinuität und damit größere Rechtssicherheit in Österreich günstig. (DER STANDARD, Printausgabe 5.2.2002)