Paris - Zweieinhalb Monate vor den französischen Präsidentenwahlen holt eine lange zurückliegende Schmiergeldaffäre Staatspräsident Jacques Chirac und seine neogaullistische Partei RPR ein. Der seit 1995 wegen dieser Affäre mit internationalem Haftbefehl gesuchte Ex-RPR-Funktionär Didier Schuller flog am Dienstag aus der Dominikanischen Republik, wo er sich versteckt gehalten hatte, nach Paris zurück. Der ehemalige neogaullistische Parlamentsabgeordnete hat Chirac und seine Partei bereits schwer belastet. "Ich habe lange genug den Kopf für andere hingehalten, ich will jetzt alles erklären", hatte Schuller erläutert. Schon vor seinem Rückflug hatten seine Äußerungen den Vorwahlkampf verschärft. Ermittlungen seit 1995 Didier Schuller war von 1986 bis 1994 Leiter der Behörde für sozialen Wohnungsbau im Departement Hauts-de-Seine westlich von Paris und ein Vertrauter des früheren Innenministers Charles Pasqua. Seit 1995 laufen Ermittlungen, wonach die RPR sowie Chirac in seiner Funktion als damaliger Parteivorsitzender (1976-1994) und Bürgermeister von Paris (1977-1995) illegal Millionenbeträge von Unternehmen für die Vermittlung von Bauaufträgen kassiert haben sollen. Schuller hat in Interviews geäußert, dass Schmiergeld an die Partei geflossen ist, "die Entscheidungen wurden aber an sehr viel höherer Stelle gefällt". Der frühere Premierminister Alain Juppe', erster unter den Nachfolgern Chiracs an der Spitze der RPR, hat den regierenden Sozialisten (PS) vorgeworfen, wegen der Wahlen jetzt eine "Schmutzkampagne" gegen Chirac zu führen. Die Zeitungen, die den Fall Schuller ausgebreitet hatten, stufte Juppe als "Kampfpresse" ein. "Die Rückkehr Schullers ist von der Regierung von Lionel Jospin ausgehandelt worden", erklärte RPR-Politiker Patrick Devedjian. Jospin ist der absehbare Herausforderer Chiracs im Kampf um das Präsidentenamt. Die RPR verwies außerdem darauf, dass Schuller plötzlich einen den Sozialisten nahe stehenden Anwalt hat. Der Staatspräsident genießt nach höchstrichterlichem Urteil Immunität. Paris hatte bei der Dominikanischen Republik Schullers Auslieferung beantragt. Dieser reiste jetzt jedoch freiwillig mit der Begründung zurück, er müsse sich vor allem um seinen Sohn kümmern. (APA/dpa)