Wien - Es kommt wahrlich nicht alle Tage vor, dass ein US-Investor still und heimlich bei einem börsenotierten österreichischen Unternehmen einsteigt. Guy Wyser-Pratte tat das bei der AUA jüngst mit fünf Prozent; er kaufte die Aktien über die Börse und teilte dem staunenden Publikum mit, dass er ausschließlich den Shareholder-Value im Auge habe und sonst nichts. In den USA, wo unfreundliche Firmenübernahmen gang und gäbe sind, hat der Gesetzgeber bereits reagiert und den Vorständen zur Abwehr deutlich mehr Rechte eingeräumt, als es das heimische Übernahmegesetz tut. Auch in Deutschland ist das einschlägige Gesetz abwehrfreundlicher als das österreichische. Nun kann jemand, der fünf Prozent an einem Unternehmen hält, noch nicht wirklich etwas bewegen, außer medial auffallen. Gelingt es Wyser- Pratte aber, seinen Anteil aufzustocken (derzeit sind noch 32 Prozent der Aktien im Streubesitz) und mit Unterstützung einiger Kleinaktionäre bei der Hauptversammlung gar 25 Prozent des stimmberechtigten Kapitals zu bündeln, dann kann er nicht nur dem Vorstand, sondern auch dem AUA-Hauptaktionär ÖIAG das Leben zur Hölle machen. Null-Reaktion Und wie reagieren die Vertreter der staatlichen Beteiligungsholding, die 39,7 Prozent an der AUA hält? Zunächst einmal fünf Tage lang gar nicht. Johannes Ditz, der nach seinem unfreiwilligen Abgang als ÖIAG-Vorstand demnächst auch als AUA-Aufsichtsratspräsident abdanken muss, ist nicht erreichbar und hört offenbar auch die Mailbox seines Handys nicht ab. Sein Stellvertreter im Aufsichtsrat, Kika/Leiner-Chef Herbert Koch, will nicht sprechen und verweist auf die ÖIAG. Dort sitzt der derzeitige Alleinvorstand Peter Michaelis, der für die AUA nicht wirklich zuständig ist und daher auch nicht sprechen will. Die für Presse zuständige ÖIAG-Beraterin, Viktoria Kickinger, tat im Auftrag von Michaelis dann Folgendes kund: "Dieses Interesse eines US-Investors an der AUA ist ein aussagekräftiger Indikator für die positive Resonanz des Kapitalmarktes auf das Re_strukturierungspotenzial der AUA sowie für die hohe Qualität des neuen AUA-Managements." Nachsatz Kickingers: Ab 15. Februar ist ein anderer für die AUA zuständig, dann wird nämlich der Ditz-Ersatz in der ÖIAG bestellt, der auch den AUA-Aufsichtsratsvorsitz übernimmt. Die Terminvereinbarung mit Wyser-Pratte läuft angeblich schon. (DER STANDARD, Printausgabe 6.2.2002)