Cannes - Erst kommt die Arbeit, dann das Spiel - und das Geschäft: So lautet die Devise bei der wichtigsten europäischen Schau für digitale Unterhaltung, der Milia in Cannes. In diesem Jahr, nach dem großen Crash der Internetökonomie, gleichen die Marketingvorträge deutlicher als je zuvor dem Pfeifen im Wald. Man wünscht sich sehnlichst neue Märkte, mehr User und neue Businessideen, die endlich auch Gewinne reinspielen. So war es ein geschickter Schachzug der Veranstalter, mit einem Propheten aus dem Fernen Osten den Auftakt zu machen. Takeshi Natsuno vom japanischen Telefonriesen Docomo erzählte, wie bereits heute 30 Millionen Japaner Telefone mit Farbbildschirmen längst nicht mehr nur zum Telefonieren nutzen, sondern um Spiele aus dem Netz zu laden, Verkehrsstaus zu orten oder selbst Bilder zu verschicken - und dafür auch noch zu bezahlen. Wettstreit der Spielkonsolen Mit Spannung wird der aktuelle Wettstreit der Anbieter von Spielekonsolen verfolgt. Nintendo stellte seine dritte Generation vor, den schicken Gamecube, der ab 3. Mai mit 100 Mio. Euro Marketingbudget nach Europa kommt. Mit Sonys Playstation 2 und der Xbox von Microsoft (Start: 14. März) sind dann drei rivalisierende Konsolen am Markt. Europa werde eine entscheidende Rolle spielen, wer die Nase vorne haben wird, sagen die Auguren und versprechen einen "objektiv expandierenden Markt" für Spiele. Auch der Vorstoß ins Internet mit Multi-User-Spielen komme allmählich in Bewegung. Doch hinter den Frohbotschaften lauern die alten bedrückenden Fragen: Wie, außer für Spielehersteller, Gewinne zu machen sind, bleibt nach wie vor vage. So manche Hürden, wie mangelnde Breit- bandzugänge, zeigen, dass noch lange guter Grund für Skepsis gegenüber Verheißungen angebracht ist. (Rüdiger Wischenbart, DER STANDARD, Printausgabe 6.2.2002)