Europa
Kritik an "Penis-Test" bei Ausländerbehörde in Trier
Zweifel an Religion eines Asylbewerbers beseitigt - Anwalt spricht von "ungeheuerlichem Skandal"
Trier/Berlin - In der deutschen Stadt Trier ist ein
Asylbewerber aus der ehemaligen Sowjetunion von den Ausländerbehörden
am Penis untersucht worden, um seine Religionszugehörigkeit zu
überprüfen. Die Stadtverwaltung bestätigte am Dienstag einen
entsprechenden Bericht der Berliner "Tageszeitung" (Mittwochausgabe).
Es sei aber unklar, so Sprecher Hans-Günther Lanfer, ob der Mann
gegen seinen Willen untersucht worden sei. Dem Bericht zufolge ereignete sich der Vorfall im vergangenen
Dezember bei der "Clearingstelle Rheinland-Pfalz für Passbeschaffung
und Flugabschiebung". Damals sollte eigentlich festgestellt werden,
ob der Asylbewerber Armenier oder Aserbaidschaner sei. Wenn der Mann
beschnitten sei, sei er kein Armenier, hätten anwesende armenische
Diplomaten behauptet. Denn die armenischen Behörden weigerten sich,
den abgelehnten Asylbewerber Ali G. aufzunehmen. Ihr Argument: G.'s
armenischen Papiere seien gefälscht. Außerdem sei er moslemischen
Glaubens und deshalb höchstwahrscheinlich kein Staatsbürger
Armeniens, wo die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung christlichen
Glaubens ist.
Lanfer zufolge hatten die Armenier die intime Untersuchung
vorgeschlagen, worauf der Betroffene keine Einwände gemacht habe.
Schließlich habe die Untersuchung G.'s Abschiebung nach Armenien
zunächst verhindert: Ein Sachbearbeiter der Stadt und zwei
Polizeibeamte hätten auf der Toilette den Penis in Augenschein
genommen und die Beschneidung festgestellt. G., der bereits seit vier
Jahren in Deutschland lebt, wurde nicht abgeschoben. Die Behörden
gingen nun davon aus, dass der Mann nicht aus Armenien stamme.
G.'s Anwalt erklärte dagegen, dass die "Penisbeschau" gegen den
Willen seines Mandanten erfolgt sei. Gegenüber der "Tageszeitung"
sprach der Jurist von einem "ungeheuerlichen Skandal". Er habe eine
Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den verantwortlichen Sachbearbeiter
gestellt. Die Ausländerbeauftragte der deutschen Bundesregierung,
Marieluise Beck (Grüne) kritisierte, der Vorgang sei "ebenso
untauglich wie unsachgemäß zur Feststellung der Staatsangehörigkeit".
Sie gehe nicht davon aus, dass ein solches Verfahren zur gängigen
Praxis werde. (APA/AP)