Welt
Aus dem Leben eines Tierpräparators
Mit "Ausstopfen" allein ist es lange nicht getan ...
Wien - So mancher "Spaßvogel" erkundigt sich bei Michael
Flasch nach dem Preis für das Ausstopfen seiner Schwiegermutter - so
als wolle er sich wirklich nicht von dieser trennen. Dabei stört den
31-Jährigen an diesem Ansinnen weniger der bemühte Humor, als die
Bezeichnung Ausstopfen. Denn damit hat die Arbeit eines Präparator
wenig zu tun. Vielmehr muss man eine Unmenge an Fertigkeiten
beherrschen - und ohne eine gehörige Portion künstlerisches Gespür
würde den Tieren das gewisse Etwas fehlen. Für die Meisten mag die Vorstellung, aus Jagdbeute oder
eingegangenen Haustieren lebensechte Präparate herzustellen, auf den
ersten Blick abschreckend wirken - als Flasch mit 15 einem Präparator
über die Schulter schauen durfte, "habe ich mich bis über beide Ohren
in diesen Beruf verliebt". Es folgte die Lehre und auf Grund
verschiedener Umstände bereits 1993 die Prüfung zum Meister, dem mit
Abstand jüngsten seiner Zunft.
Beruf mit Erbfolge
Danach das Wagnis: Der Sprung in die Selbstständigkeit. "Das erste
Jahr war furchtbar", erinnerte sich Flasch.
"Es war nicht leicht, sich gegen die alteingesessene Konkurrenz
durchzusetzen - Präparatoren werden vom Opa an den Sohn und von dem
an den Enkel weitergegeben." Hier konnte sich nur Qualität und
Kreativität durchsetzen.
Mittlerweile hat sich das Geschäft in der Hernalser Klopstockgasse
einen guten Ruf erarbeitet und läuft zur Zufriedenheit seines
Besitzers und dessen Kunden, die zur Mehrzahl der grünen Zunft
angehören. Dies hat nichts mit Trophäenkult zu tun, sondern
entspringt zumeist dem Bemühen, einen ganz bestimmten Moment
unvergänglich zu machen.
Das Tageswerk
So beginnt die Arbeit eines guten Präparators zumeist damit, sich
die Jagdgeschichten anzuhören. "Und ich tue das wirklich gerne",
versichert Flasch, der selbst ein begeisterter Weidmann ist. So weiß
er auch um die natürlichen Bewegungsabläufe des Wildes und kann so
die passende Stellung für das Präparat festlegen. Während man einem
Grünrock mit einem kräftigen Weidmannsheil beglückwünschen kann,
heißt es bei jenen als Psychiater zu fungieren, die gerade ihr
Haustier verloren haben. "Für beide Gruppen gilt: Präparation ist
Vertrauenssache."
Die Prozedur
Bei der eigentlichen Arbeit wird zunächst das gesamte Fleisch von
den Knochen entfernt, das Haupt ausgekocht und mit Wasserstoffperoxid
präpariert. Der Balg wiederum ist Aufgabe des Gerbers, von denen es -
auf Grund der strengen Umweltauflagen - immer weniger wirklich gute
gibt. Sind diese Vorbereitungen beendet, wird Holzwolle über ein
Drahtgestell gewickelt und der Schädelknochen daran befestigt. Hier
muss bereits die Größe und die Stellung stimmen - Erfahrungssache für
einen guten Präparator.
Bei kleineren Tieren wird die Muskulatur mittels Holzwolle und
Watte nachgebildet, bei größeren greift man auf PU-Schaum zurück. Nun
kann die Haut darüber gezogen und zugenäht werden. Auf einer Wurzel
oder auf Waldboden, wird das Tier - versehen mit den passenden
Glasaugen - platziert. Der krönende Abschluss entscheidet schließlich
über den Erfolg der gesamten Arbeit: "Die Qualität steht und fällt
mit dem Modellieren des Gesichtsausdrucks", weiß Flasch.
Sonderwünsche
Aber auch allerhand Kurioses ist Michael Falsch bisher
untergekommen: So wollte ein Kunde nicht nur seinen Hund präparieren
lassen, sondern auch noch Räder daran anbringen lassen, um mit ihm
äußerln gehen zu können! Ein anderer wiederum kam mit seinem Hahn,
der per Gerichtsbeschluss sein Heim verlieren sollte, um ihn
"unsterblich" werden zu lassen - doch war dieser noch quicklebendig.
Das kann man jedoch nicht von jener Katze behaupten, die von einer
betagten Dame in einer luftdichten Kiste gebracht wurde. Das gute
Tier war bereits seit eineinhalb Monate tot - woran nach dem Öffnen
des Deckels kein olfaktorischer Zweifel bestand. Eine andere
Kundschaft erkundigte sich nach dem Preis für das Präparieren des
Zimmertigers - und man einigte sich. "Nun müssen sie ihn nur noch
ausgraben", ließ die Dame wissen, die ihren Liebling bereits vor
einer Woche im Garten beerdigt hatte.
Haltbar
Von ihrem Dackel, der lebensecht im Körberl lag, war eine Kundin
so begeistert, dass sie sich gleich erkundigte, ob denn der
vierbeinige Ersatz einst wohl auch noch hineinpassen würde.
Größenmäßig ein ganz anderes Kaliber war ein Elefantenhaupt, das von
einem 65 Jahre alten Zirkuselefanten stammte: Dieses wog 500
Kilogramm und weckte in Flasch die wohl nicht ganz unbegründete
Angst, von diesem erschlagen zu werden.
"Ein gutes Präparat wird jeden Präparator überleben", so
Michael Flasch. Bei richtiger Aufbewahrung aber wohl auch den stolzen
Besitzer - was die Erben zumeist vor ein Problem stellt: Wohin mit
dem guten Stück? Denn ihnen fehlt die emotionale Bindung zum
Präparat, woran wohl nicht einmal ein entsprechender Passus im
Testament etwas ändern kann, mit dem einige ihre jagdlichen
Erinnerungen vor dem Mistkübel zu bewahren trachten. (APA)