Washington/Wien - Senator Jim Bunning hat keine Antwort erhalten: "Wenn wir eine Milliarde Dollar und mehr am Tag ausgeben", so blaffte der Republikaner Verteidigungsminister Donald Rumsfeld bei einer Anhörung zum neuen US-Budget an, "dann sollten wir doch eigentlich wissen, ob Osama Bin Laden in Somalia steckt oder im Irak."Doch die Wahrheit bleibt wohl, dass weder Donald Rumsfeld noch der Rest der US-Regierung etwas über den Verbleib der Al-Qa'ida- und Talibanführung wissen. Seit dem Bombardement der Tora- Bora-Bergfestung in Ostafghanistan Anfang Dezember, als US-Soldaten glaubten, die Stimme Bin Ladens über Funk gehört zu haben, fehlt vom Al- Qa'ida-Chef jede Spur. "Er schweigt", zitierte die New York Times dieser Tage einen US-Regierungsvertreter. Denn die US-Militärs nehmen mittlerweile wieder an, dass Bin Laden immer noch lebt und nicht beim Bombardement ums Leben kam oder an Nierenversagen starb. Wenn Bin Laden tot wäre, so die Überlegung, würde die Führungsgruppe der al-Qa'ida miteinander über Funk oder Telefon das weitere Vorgehen besprechen. "Es wäre schwierig für diese Leute, dem zu widerstehen", zitierte die New York Times einen anderen Regierungsvertreter in Washington. Gegen einen Tod von Bin Laden spricht auch, dass sich trotz einer 25-Millionen-Belohnung niemand gefunden hat, der dafür einen Beweise lieferte. Nur langsam und oft genug durch Zufälle sammeln die USA einige Führungsfiguren der Taliban und al-Qa'ida ein: Zwei Talibanminister - Justizchef Maulawi Noor Mohammed Sakib und Exvizeaußenminister Maulwi Addul Rehman Sahid - sind vergangene Woche von der pakistanischen Polizei in Quetta festgenommen worden; Ibn elShaikh el Libi entpuppte sich beim Verhör im US-Gefangenenlager in Kandahar als Führungsmitglied der al-Qa'ida und Leiter eines Trainingscamps; der Sohn des in New York inhaftierten ägyptischen Muslimführers Omar Abdel Rahman, ein Guerillatrainer der al-Qa'ida, war vergangenen November von Soldaten der Nordallianz aufgegriffen worden. Die Entführung des Wall Street Journal-Reporters Daniel Pearl in Karatschi zeigt schließlich, dass sich ein Teil der Al-Qa'ida-Mitglieder nicht weiter als in das benachbarte Pakistan zurückgezogen haben könnte und dort unter dem Schutz muslimischer Organisationen operiert. (DER STANDARD, Printausgabe, 7.2.2002)