Vaduz - Der Liechtensteiner Fürst Hans-Adam II. hat am
Donnerstag vor dem Landtag in Vaduz dazu aufgerufen, den seit zehn
Jahren im Land schwelenden Verfassungsstreit zu beenden. Auch die
Drohung eines allfälligen Auszugs nach Wien fehlte dabei nicht. Die
Parlamentsabgeordneten, welche den Verfassungsvorschlag ablehnen,
rief der Monarch in seiner Thronrede auf, sich die Sache noch einmal
zu überlegen: "Stimmen Sie dem Verfassungsvorschlag zu." Das Volk
werde dankbar dafür sein. Es habe genauso "wie das Fürstenhaus genug
von diesem Verfassungsstreit". Sollte allerdings neben dem Landtag auch das Volk die fürstlichen
Vorschläge, die in modifizierter Form in eine Regierungsvorlage
geflossen sind, ablehnen, ist für den Monarchen "die
Vertrauensgrundlage zerstört". Dem Erbprinzen und ihm bleibe dann
keine andere Wahl, als den Zustand herzustellen wie vor 1938, sagte
Hans-Adam II. Das bedeutet im Klartext, dass die Fürstenfamilie
wieder außerhalb des Landes residieren würde, voraussichtlich in
Wien, wie der Landesfürst schon bei früherer Gelegenheit durchblicken
ließ.
Eine Fortsetzung des Verfassungsstreites, stellte Hans-Adam II.
klar, sei jedenfalls für das Fürstenhaus keine Alternative mehr. Den
Gegnern der Vorlage riet er, dem Volk "endlich mitzuteilen, welche
Ziele sie tatsächlich verfolgen". Dass seine Gegner ein personelles
Problem mit ihm hätten, könne er verstehen, so Hans-Adam II. Jeder
Fürst und jeder Erbprinz, der politische Verantwortung im Land
übernehme, müsse damit rechnen, persönlich angegriffen zu werden.
Nach Ansicht des Monarchen wäre dieses Problem schon längst
gelöst, und der Erbprinz hätte am Donnerstag den Landtag eröffnet,
wenn seine Gegner nicht mit dem Verfassungsstreit über die Stellung
der Monarchie begonnen und eine Beilegung dieses Streits bis jetzt
verhindert hätten.
Erneut betonte Hans-Adam II., dass es dem Fürstenhaus nicht um
politische Macht gehe. Auch stellte er in Abrede, die
Verfassungsvorlage stärke die Monarchie auf Kosten der Demokratie.
"Das Gegenteil ist der Fall", sagte der Fürst.
Die fürstlichen Worte zum Verfassungsstreit finden offenbar nicht
überall und vorbehaltlos Anklang. An einer Umfrage des
Liechtensteiner Demokratie-Sekretariats gaben über 80 Prozent der
Stimmberechtigen an, die Drohung des Fürsten mit dem Wegzug nach Wien
belaste die politische Auseinandersetzung.(APA/sda)