Wien - Das neue Kartell- und
Wettbewerbsrecht in Österreich, das mit 1. Juli 2002 in
Kraft treten soll, scheint mehr
Biss zu bekommen, als zuletzt
angenommen. Die SPÖ
stimmt nun doch einer verfassungrechtlichen Weisungsfreistellung der geplanten
Bundeswettbewerbsbehörde
zu und sorgt für eine Zweidrittelmehrheit im Parlament.Die Wettbewerbsbehörde
stellt Prüfanträge bei Zusammenschlüssen beim Kartellgericht und darf Vorerhebungen
bis hin zu Hausdurchsuchungen durchführen. Die Entscheidungsbefugnis bleibt
aber beim Kartellgericht. Der
"Charme" einer Verfassungsbestimmung zur Weisungsfreistellung der Behörde bestehe darin, sagt SP-Wirtschaftssprecherin Maria Kubitschek, dass eine Weisungsfreistellung nur auf dem Verordnungsweg jederzeit hätte
widerrufen werden können.
Rechtsverbindlichkeiten von Auflagen noch unklar
Zwar werden noch einige
Detailpunkte mit den Regierungsparteien endverhandelt,
so etwa die Frage der Rechtsverbindlichkeit von Auflagen,
auf die sich die Wettbewerbsbehörde im Vorfeld eines Kartellverfahrens mit den jeweiligen Firmen einigt. Die Details
stehen dem grundsätzlichen
SP-Sanktus aber nicht im Weg. Das sieht auch der Kabinettschef im Wirtschaftsministerium, Christoph Stadlhuber, so: "Das geht."
Gusenbauer: Sozialdemokratie als Schutzpatron des Wettbewerbs
SP-Chef Alfred Gusenbauer
wiederholte im Standard-Gespräch sein neues Credo: "Die
Sozialdemokratie hat der
Schutzpatron des Wettbewerbs zu sein. Wenn man die
wettbewerbsfeindlichen Kräfte, wie die Wirtschaftskammer, durch mehr Transparenz
im Verfahren beschneidet,
wird das vorherige Ausschnapsen von Deals schwieriger. Das ist gut."
Entgegengekommen ist die
Regierung SPÖ und Arbeiterkammer damit, dass die Sozialpartner nicht völlig aus dem
Kartellrecht hinausgedrängt
werden. So wird es neben der
weisungsfreien Bundeswettbewerbsbehörde und dem
weisungsgebundenen Kartellanwalt im Justizministerium
auch eine so genannte Wettbewerbskommission geben.
Dort sitzen vier Sozialpartner
und vier Experten aus Wirtschaft oder Wissenschaft. Die
Kommission empfiehlt der
Wettbewerbsbehörde Prüfverfahren einzuleiten. Sollte die
Behörde untätig bleiben, muss
sie den Entscheid samt Begründung veröffentlichen. Die
SPÖ will noch erreichen, dass
auch das Kartellgericht auf die
Wettbewerbskommission zurückgreifen können soll. (Michael Bachner, Der Standard, Printausgabe, 08.02.02)