Streaming & TV
Olympia: Zitterpartie für TV-Gigant NBC
... nach Sydney-Pleite - Werbefirmen wurden mehr als 100 Mio. US-Haushalte vor Fernseher garantiert
Nicht nur für Athleten und Sportfans
sind die Olympischen Winterspiele ein Thriller, sondern auch für den
US-Fernseh-Giganten NBC. Für ihn begann die "Nervenschlacht" schon
mit der Eröffnungsfeier am Freitagabend: Wird Salt Lake City zur
neuen Zuschauerpleite?, lautet die bange Frage. Es geht um viel Geld
für die TV-Gesellschaft, die sich für die Rekordsumme von 545
Millionen Dollar (629 Mio. Euro bzw. 8,66 Mrd. S) das nationale
Übertragungsrecht erkauft hat.Panik nach Sydney-Desaster
Eine Wiederholung des Desasters von den Sommerspielen in Sydney,
als die Einschaltquoten um 36 Prozent gegenüber den
Jahrhundertspielen in Atlanta abstürzten, würde NBC teuer zu stehen
kommen.
Teilweise Gratis-TV-Werbung ...
Das Unternehmen wäre gezwungen, wie seinerzeit in Australien, zur
Beschwichtigung der Werbekunden einen Teil der TV-Reklame gratis
auszustrahlen: Also Null-Komma-Nichts statt bis zu 600.000 Dollar für
einen 30-Sekunden-Spot. Setzen sich zu wenige US-Bürger vor den
Bildschirm, drohen zudem immense wirtschaftliche Langfolgen.
Wichtige Anzeigenkunden müssten dann wahrscheinlich ganz
abschrieben werden, was einer finanziellen Katastrophe gleichkäme.
Für Salt Lake City hat NBC den werbenden Firmen garantiert, dass 16,9
Prozent der 105,5 Millionen US-Haushalte den Fernseher einschalten
werden.
Verfauf von Werbezeit im Wert von 720 Millionen Dollar
Bis jetzt zeigt sich der Medien-Riese optimistisch, der insgesamt
375,5 Stunden auf seinen drei Sendern NBC, CNBC und MSNBC aus der
Mormonen-Metropole übertragen wird. Das ist mehr als die doppelte
Stundenzahl, die CBS und der Kabelsender TNT 1998 der Übertragung der
Winterspiele im japanischen Nagano widmeten.
Das Ziel, Werbezeit im Wert von 720 Millionen Dollar zu verkaufen,
wurde nach NBC-Angaben bereits erreicht. Präsident Randy Falco
rechnet damit, dass nach Abzug der Kosten für Übertragungsrechte und
Produktion unterm Strich 60 Millionen Dollar als Gewinn
herausspringen werden.
Zuversicht durch Heimvorteil
Die Zuversicht stützt sich vor allem auf den Heimvorteil. Anders
als in Sydney, als die Amerikaner wegen der Zeitverschiebung fast
völlig mit Berichten aus der Konserve abgespeist wurden, gibt es
diesmal weitgehend Live-Übertragungen. Nur an der US-Westküste wird
Olympia zeitversetzt zu sehen sein. NBC hofft zugleich, dass die
Patriotismus-Welle nach den Terrorakten auf den heimischen
Fernsehsessel überschwappt und den Fanatismus entfacht.
"Die Menschen haben ganz klar ein stärkeres
Zusammengehörigkeitsgefühl", sagt Falco. Und dann ist da natürlich
ein starkes US-Team, das vielleicht so viele Medaillen einheimsen
wird wie noch nie bei Winterspielen. "Auch das spornt zum Zuschauen
an", verheißt Falco.
Berichterstattung "aufpeppen"
Hauptaugenmerk wird auf die jüngere Generation gelegt. Hier war
der Zuschauerschwund am gravierendsten. Deshalb wurde versucht, die
Berichterstattung "aufzupeppen". Zum Beispiel mit neuen
Übertragungs-Techniken. Beim Eisschnelllauf soll die Nationalität des
Athleten mit einer virtuell auf die Eisfläche übertragenen
Landesflagge vorgestellt werden. Wiederholungen beim Abfahrtslauf
zeigen dank modernster Computertechnologien den Sportler auf der
Piste im Duell mit dem jeweils in Führung liegenden Athleten.
Und auch die Musik ist flotter. Neil Diamond und Melissa Etheridge
wurden angeheuert, um Diamonds Klassiker "America" für die
NBC-Olympia-Programmwerbung "aufzujazzen". Die frühere Olympia-Musik
des Senders, so sagt Falco freimütig, passe besser in eine
Kathedrale. (APA/dpa)