London - Die Londoner Konferenz über eine gänzlich andere als die bisher angenommene Ursache des Rinderwahnsinns ist beendet. Kernpunkt der von Regierungsvertretern und Forschern diskutierten These: BSE sei eine Autoimmunerkrankung und deshalb auch nicht ansteckend - DER STANDARD berichtete.Ob die behördlichen Gesundheitsexperten die bisherigen Erkenntnisse der BSE-Dissidenten für zumindest weiter verfolgenswert erachten, ist noch nicht entschieden - es geht auch um Bewilligung von Forschungsgeldern in der Höhe von umgerechnet 3,24 Millionen Euro (44,58 Millionen Schilling) jährlich. Der britische Wissenschafter Alan Ebringer kommt jedenfalls zum Schluss: Rinder nehmen über die Nahrung permanent große Mengen von Bakterien auf. Was noch wurscht wäre, würde das Immunsystem ob dieser Dauerbelastung nicht irgendwann wahnsinnig werden und das Hirn angreifen. Dabei würden falsch gefaltete Prionen entstehen - als Folge und nicht, wie bisher angenommen, als Ursache der BSE, die nicht ansteckend sei, auch nicht durch Genuss von BSE-Fleisch. Ungeachtet dessen tauchte in Italien Freitag der zweite Verdachtsfall auf die neue Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung auf. In Palermo sei ein 56-Jähriger, vielleicht nach Verzehr von BSE-Fleisch, erkrankt. Ebringer hingegen fand bereits Anhänger im britischen Parlament, ihm wurde sogar im Auftrag der Regierung Blut von BSE-Rindern für Analysen gegeben. Diese sollen seine nun vorgestellte Theorie untermauert haben. Eine Bestätigung hätte enorme Auswirkungen: Beim Auftauchen von BSE bedürfte es keiner Notschlachtung der Herden mehr. Da sich die Bakterien gut im Tiermehl vermehrten, erklärte der Innsbrucker Wissenschafter und Kongressteilnehmer Roland Pechlaner, müsse dieses als Futter verboten bleiben. Doch kämen Erreger, und "hier könnte eine neue Prophylaxe" ansetzen, auch in feuchter Silage oder Mischfutter vor, ebenso in Viehtränken - was den ersten österreichischen BSE-Fall erklären könnte, sollte tatsächlich kein Tiermehl verfüttert worden sein. Entsprechende Untersuchungen seien bisher jedoch vom Ministerium in Wien "verweigert worden", zürnte Pechlaner. Wann britische Behörden offiziell zur Konferenz Stellung nehmen, ist noch ungewiss. (fei, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 9./10. 2. 2002)