Deutschland
Deutsches Kanzleramt unter Druck wegen Arbeitsamt-Affäre
Manipulation von Statistiken vorgeworfen - Opposition spricht von Vertuschung
Berlin - In der Affäre um die Manipulation von deutschen
Arbeitslosenstatistiken gerät auch das Bundeskanzleramt unter Druck.
Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye bestätigte am Freitag in Berlin,
dass das Kanzleramt bereits seit Jahresbeginn Kenntnis von
Schlampereien bei der Erstellung der Vermittlungsstatistik gehabt
habe. Ein Mitarbeiter des Arbeitsamtes hatte in einem Schreiben
an Staatsminister Hans Martin Bury bereits Ende Dezember auf die
Missstände in den Arbeitsämtern aufmerksam gemacht. Die Opposition reagierte empört und sprach von einer Ausweitung
des Skandals. Sie warf Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) vor,
die Probleme in der Bundesanstalt für Arbeit vertuschen zu wollen.
CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer sprach von einem unanständigen und
entlarvenden Verhalten angesichts von 4,3 Millionen Arbeitslosen.
Absurde Unterstellungen
Heye bestätigte, dass ein Schreiben eines Mitarbeiters des
Arbeitsamtes am 24. Dezember im Abgeordnetenbüro Bury eingegangen
sei. Das Schreiben sei "sehr allgemein gehalten" und nach den
Feiertagen am 3. Jänner an das Kanzleramt weitergeleitet worden.
Der Mann habe "dringlich um Vertraulichkeit gebeten", sagte Heye.
Mehrfach habe sich das Kanzleramt dann mit dem Arbeitsamtsmitarbeiter
in Verbindung gesetzt, um weitere Einzelheiten über die Vorgänge zu
erfahren. Der Mitarbeiter habe vor allem seine Beobachtungen zur
mangelnden Qualität der Vermittlungsarbeit geschildert. Dem
Staatsminister zu unterstellen, er habe etwas zudecken zu wollen, sei
absurd, sagte Heye.
Der Südwestrundfunk berichtete, der Innenrevisor Erwin Bixle im
Landesarbeitsamt Rheinland-Pfalz/Saarland habe die Briefe an das
Kanzleramt und an Arbeitsminister Walter Riester geschrieben. Bixle
sagte dem Sender, er habe bei einer Leitungsbesprechung den
Präsidenten der Bundesanstalt, Bernhard Jagoda, mit seiner Kritik
konfrontiert. Dieser habe weitere Untersuchungen gefordert, geschehen
sei aber nichts.
Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" plant
Riester nach der Arbeitsamts-Affäre, die Auflagen für die Zulassung
gewerblicher Jobmakler zu lockern. Zudem sollten Stellensuchende
künftig jederzeit einen privaten Vermittler einschalten dürfen. Jetzt
sei das erst nach sechs Monaten erlaubt. (APA/AP)