Wien/Belgrad - Hohe Erwartungen setzt Jugoslawien in den bevorstehenden eintägigen Besuch von Bundespräsident Thomas Klestil. Das offizielle Belgrad erwartet, dass Klestil am Dienstag die "Botschaft der EU an die Jugoslawen" zwecks Wahrung der Föderation bekräftigen werde, sagte der politische Berater des jugoslawischen Präsidenten Vojislav Kostunica, Predrag Simic. Klestil trifft neben Kostunica auch mit den Ministerpräsidenten Jugoslawiens, Dragisa Pesic und Serbiens, Zoran Djindjic, sowie dem Präsidenten Montenegros, Milan Djukanovic, zusammen.Hohe Erwartungen "Das Wort Klestils wird Gewicht haben", so Simic. Belgrad halte eine engere Zusammenarbeit mit Österreich auch in Anbetracht seiner Bemühungen um eine Annäherung an die EU für äußerst wichtig. Kostunica werde beim Treffen mit dem Bundespräsidenten auch die Zukunft der ganzen Region im Kontext der EU ansprechen. Österreich sei auf Grund seiner geografischen Lage und seiner guten Kenntnisse der Balkan-Region dafür ein prädestiniertes EU-Mitgliedsland. Auch wegen "praktischer Themen" werde dem Besuch Klestils in Belgrad große Bedeutung beigemessen, betonte der Kostunica-Berater. Österreich sei zur Zeit in mehreren internationalen Organisationen äußerst einflussreich, unterstrich Simic, wobei er konkret den Europarat sowie den Stabilitätspakt für Südosteuropa erwähnte. An der Spitze der Parlamentarischen Versammlung des Europarates steht seit kurzem Peter Schieder, die Leitung des Balkan-tabilitätspaktes hat Altvizekanzler Erhard Busek übernommen. "Erster Test" Die Aufnahme Jugoslawiens in den Europarat, die noch heuer zustande kommen soll, wird gemäss Simic ein "erster Test" für den Fortschritt Belgrads auf dem Demokratisierungs- und Reformweg nach der Wende im Oktober 2000 sein. "Dies wird ein Signal sein, dass wir uns auf dem guten Weg befinden", meinte der Berater des Präsidenten. Zuletzt hatte die Parlamentarische Versammlung des Europarates grünes Licht für die Aufnahme Bosnien-Herzegowinas in die Straßburger Organisation gegeben. Kostunica war im Dezember 2000 zur OSZE-Gipfelkonferenz nach Wien gekommen. Damals wurde die Rückkehr Jugoslawiens in die Organisation nach dem Machtwechsel in Belgrad und dem Abtreten von Staatschefs Slobodan Milosevic vollzogen. Der Zufall will es, dass die Klestil-Visite in Belgrad gerade am 12. Februar stattfindet - dem Tag des Prozessbeginns gegen Milosovic vor dem UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag. Weitere Themen Auch konkrete regionale und bilaterale Fragen dürften beim Klestil-Besuch aufs Tapet kommen. Belgrad hat eine erklärtes Interesse an regionaler Kooperation, so in der Donaukonferenz. "Das Donau-Europa redet in Brüssel, aber auch anderswo noch immer nicht mit voller Stimme", sagte Simic. In Belgrad sind ferner Gespräche Klestils mit dem föderalen Premier Pesic, Serbiens Regierungschef Djindjic, dem montenegrinischen Präsidenten Djukanovic, sowie mit dem Präsidenten des Bundesparlaments, Dragoljub Micunovic, angesetzt. Pesic und Djindjic dürften die Anliegen Belgrads nach Investitionsgarantien durch die Kontrollbank, aber auch Stipendien für jugoslawische Studenten in Österreich zur Sprache bringen. Im Vorjahr waren beim Besuch von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel in Belgrad umfassende Wirtschaftsvereinbarungen unterzeichnet worden. Schüssel war im Oktober mit einer Wirtschaftsdelegation nach Jugoslawien gereist. (APA)