Wirtschaft
Verzetnitsch verlangt Bekämpfung der Arbeitslosigkeit
Zufrieden mit Umsetzung der Forderungen aus Urabstimmung
Wien - ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch mahnte am
Sonntag in der ORF-"Pressestunde" die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit
ein. Als Maßnahmen nannte er die Stärkung der Kaufkraft, erhöhte
Ausgaben für Aus- und Weiterbildung und Infrastrukturinvestitionen.
Auch die 35-Stunden-Woche könne eine der Maßnahmen sein - der ÖGB
werde jedenfalls weiter für sie eintreten, machte Verzetnitsch klar.
ÖGB-Ziel sei die Vollbeschäftigung. ÖGB-intern gelte es die
Gewerkschaftsbewegung zu stärken. Die Urabstimmung habe dazu schon
einen Beitrag geleistet. Säumigkeit warf Verzetnitsch der Regierung
bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit vor. Applaus kam am Sonntag
von der SPÖ und teilweise von der Wirtschaftskammer, Kritik an den
Verzetnitsch-Aussagen erwartungsgemäß von den Regierungsparteien ÖVP
und FPÖ, aber auch von den Grünen. Flexible Arbeitszeitmodelle - ja, aber nicht zu Gunsten des
Arbeitgebers, so die ÖGB-Position. Zum Vorstoß von
Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (V) in Richtung Ausdehnung der
Tagesarbeitszeit sagte Verzetnitsch, es könne nicht so ein, dass man
Menschen über zwölf Stunden verfügbar machen möchte weil man sich
dadurch Überstundenzuschläge erspare. Zur Einkommensschere zwischen
Mann und Frau, hielt der ÖGB-Präsident fest, gleiche Tätigkeit werde
auch gleich bezahlt. Das Problem liege bei den schlechten Gehältern
in Gesundheitsberufen, im Handel und im Dienstleistungsbereich. Daher
müsse man hier eine Neubewertung der Arbeit und damit der Einkommen
vornehmen.
Zufrieden mit Umsetzung der
Urabstimmungs-Forderungen
Zufrieden zeigte sich Verzetnisch mit der bisherigen Umsetzung der
Urabstimmungs-Forderungen. Das Wort Streik - und damit den siebenten
und letzten Punkt des Textes - nahm Verzetnitsch auch am Sonntag nur
zögerlich in den Mund: "Die Schlagzeile Generalstreik biete ich Ihnen
nicht." Wenn es notwendig werde, werde es Kampfmaßnahmen geben. Von
einer Ankündigungspolitik halte er aber nichts.
Der ÖGB fordere Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, die
die Regierung längst umsetze, hielt ÖVP-Generalsekretärin Maria
Rauch-Kallat dem ÖGB-Chef entgegen. Mit dem Kindergeld, der Erhöhung
der Pensionen und der Verbilligung von Strom und Gas gebe es bereits
ein Kaufkraft-Stärkungs-Programm. Der ÖGB solle sich darauf
konzentrieren, wo Handlungsbedarf bestehe - etwa beim
Arbeitszeitgesetz. Dieses müsse an die Realität angepasst werden.
Kritik
Für
FPÖ-Generalsekretär Karl Schweitzer waren die Aussagen Verzetnitsch'
geprägt von "Ratlosigkeit und Tatlosigkeit". Der ÖGB-Präsident habe
lediglich "sattsam bekannte Stehsätze wiedergekäut".
Kritik kam auch vom Grünen Sozialsprecher Karl Öllinger. Er ortete
hinter den Aussagen des ÖGB-Chefs das Motto, "keine Räder stehen
still, weil der ÖGB nur verhandeln will". Öllinger kreidete
Verzetnisch an, dass dieser kein Ziel der Verhandlungen betreffend
der Urabstimmung angeben habe können, noch Fristen für die Umsetzung
der Forderungen genannt habe.
Zustimmung
Postitiv reagierte SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Doris Bures: Die
blau-schwarze Regierung täte gut daran, die Mahnungen Verzetnisch'
ernst zu nehmen, so Bures. Es müsse gegen die Arbeitslosigkeit
vorgegangen und die Belastungspolitik beendet werden. Lob für die
"ausgewogene" und "verantwortungsbewusste Linie" bekam Verzetnitsch
zudem von der Wirtschaftskammer. Der stellvertretende Generalsekretär
Reinhold Mitterlehner hielt fest, es sei erfreulich, dass
Verzetnitsch den Wert der Sozialpartnerschaft hervorhob und sich
nicht zu Aussagen über einen Generalstreik habe hinreißen lassen.
Keine Zustimmung finde allerdings der Arbeitnehmerbegriff des ÖGB.
Die Zeit der weisungsabhängigen Vollzeitarbeitsplätze sei vorbei, so
Mitterlehner.
(APA)