Brüssel - Die Finanzminister der EU werden entgegen den Empfehlungen der Kommission Deutschland keinen "blauen Brief" wegen mangelnder Budgetdisziplin schicken. Im Gegenzug verpflichtet sich Deutschland zu einer strikteren Budgetpolitik. Auf diesen Kompromiss einigten sich die Finanzminister der Eurozone und der Ecofin, der Rat der Finanz- und Wirtschaftsminister der EU, schloss sich dieser Meinung an. Deutschland verpflichtet sich in einer Erklärung, das Defizit unter 3,0 Prozent zu halten, im Budgetvollzug keine weiteren Ausgaben vorzusehen, die das Defizit noch erhöhen würden, und auch die Länder in die Sparbemühungen einzubeziehen. Außerdem verpflichtet sich Deutschland, wenn es das Wirtschaftswachstums erlaubt, schon 2004 ein ausgeglichenes Budget vorzulegen. Dafür nötige zusätzliche Maßnahmen werde Deutschland zu gegebener Zeit vorlegen, erklärte der EU-Ratsvorsitzende, der spanische Finanzminister Rodrigo Rato. Mit diesen Zusagen sind aus Sicht des EU-Ministerrates die Anliegen der von der EU-Kommission empfohlenen Frühwarnung berücksichtigt. Das Verfahren gelte damit als abgeschlossen, ohne dass es über die Empfehlung der EU-Kommission eine Abstimmung geben werde, sagte Rato. Der Minister beteuerte, dass mit dieser Lösung auch die Glaubwürdigkeit des Stabilitätspaktes erhalten bleibe. Die Prozeduren seien eingehalten worden. Parallel zu Deutschland entgeht auch Portugal mit den gleichen Zusagen der von der EU-Kommission empfohlenen Frühwarnung. Besserungsgelöbnis Deutschland habe ein "Besserungsgelöbnis" abgelegt und anerkannt, dass zusätzliche Maßnahmen nötig sein werden, insbesondere um schon 2004 einen nahezu ausgeglichenen Haushalt zu erreichen, kommentierte Österreichs Finanzminister Karl-Heinz Grasser den Kompromiss. Zwar wäre der Beschluss über den blauen Brief an Deutschland die beste Lösung gewesen, aber diese Erklärung sei "das Beste, was wir erreichen konnten", zeigte er sich als Realist. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft vertrat die Ansicht, der Verzicht auf die Frühwarnung zeige, dass Brüssel den Stabilitätspakt offenbar nicht sehr ernst nehme. (APA, afs, Der Standard, Printausgabe, 13.02.02)