Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: APA/Jaeger

Wien - Justizminister Dieter Böhmdorfer ist befangen. Dies habe er selbst erklärt. Daher liegt die letzte Entscheidung über den "Spitzelbericht" des Staatsanwaltes auch nicht bei ihm, sondern bei Sektionschef Werner Pürstl im Justizministerium. Das Verfahren sei "so komplex und auch geführt gegen Leute, wo sich der Minister befangen fühlt", erklärte der Sektionschef im Gespräch mit dem STANDARD.

Das, was sich derzeit rund um die so genannte Spitzelaffäre tut, nennt man "Vorhabensgeschehen": Staatsanwalt Michael Klackl hat seinen Vorhabensbericht fertig, der liegt derzeit beim Leiter der Staatsanwaltschaft Wien, Erich Wetzer. Danach wandert der Bericht zur Oberstaatsanwaltschaft, von dort ins Justizministerium, danach alle Stationen zurück. Da der Bericht von insgesamt 58 Bänden in zehn Kisten begleitet wird, dürfte erst Ende März ein offizielles, bestätigtes Ergebnis vorliegen, schätzt Wetzer.

Dass nur gegen den karenzierten Polizeibeamten und Aufdecker der Affäre, Josef Kleindienst, sowie gegen den Wiener FPÖ-Parteisekretär Michael Kreißl Anklage erhoben werden soll, will Wetzer nicht bestätigen. Das glaubt auch Kleindienst nicht. Es sei kaum möglich, aus dem Faktenkreis einen Tatbestand herauszunehmen, der nur ihn oder Kreißl betreffe. In allen Fakten seien jeweils auch andere Personen involviert - Politiker oder Polizisten.

Pilz: offen politisch agierende Justiz

Der Grüne Peter Pilz kritisiert, dass man es mit einer "vollkommen offen politisch agierenden Justiz" zu tun habe. Noch nie habe er eine "derart brutale Art der Einflussnahme und Manipulation" erlebt, sagte Pilz am Montag. Der Justiz warf er vor, unter dem Druck der FPÖ "die Ermittlungen einfach abgewürgt" zu haben.

Die Staatsanwaltschaft habe agiert "wie eine Persilscheinproduktion für eine politische Partei", polterte Pilz. Die Erhebungen seien "vollkommen manipuliert" und "von A bis Z geschoben". Er wisse, dass die Beteiligten - Staatsanwalt Michael Klackl und Sektionschef Pürstl - nicht "harte freiheitliche Parteigänger" seien. Die Justiz sei von der FPÖ "an die Zügel genommen" worden.

Pilz fordert einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss: "Wenn die Justiz versagt, ist der Nationalrat an der Reihe." Die SPÖ stimme fix zu, die ÖVP habe "informell" immer wieder erklärt, dass sie sich das vorstellen könne, aber nicht ohne FP-Zustimmung.

Pürstl weist die Vorwürfe entschieden zurück: "Die Justiz hat sich nicht einspannen lassen und wird das auch künftig nicht tun." Pilz sehe "Dinge, die nicht in den Akten stehen". Es gebe "überhaupt keine Anhaltspunkte dafür, dass jemand Entscheidungen beeinflusst getroffen hätte oder sich irgendwie hätte beeinflussen lassen". (pm, völ, DER STANDARD, Printausgabe, 12.2.2002)