Wirtschaft
IV: Erwarten Reformschub in Richtung Wettbewerbsfähigkeit
Generalsekretär Fritz: Lassen uns mit Lohnnebenkostensenkung nicht abspeisen
Wien - Die österreichische Industriellenvereinigung (IV)
erwartet vom bevorstehenden EU-Gipfel in Barcelona einen massiven
Reformschub für die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Europas. Jetzt
gehe es darum, die im März 2000 in Lissabon beschlossenen Ziele, die
EU zum wettbewerbsfähigsten Wirtschaftsraum der Welt zu machen, in
die Tat umzusetzen, unterstrich IV-Generalsekretär Lorenz Fritz bei
einer Pressekonferenz am Dienstag in Wien. Österreich schwenke mit
seiner Reformpolitik bereits in den europäischen Mainstream ein,
weitere Anstrengungen seien aber erforderlich. Die Umsetzung der Beschlüsse von Lissabon bedeute einen
europaweiten Paradigmenwechsel, unterstrich Fritz. Nach Verzögerungen
gehe es jetzt darum, einen Durchbruch zu erzielen oder die
politischen Ziele abzuschreiben. Letztlich gehe es um eine neue
Balance zwischen der Wirtschafts- und der Sozialpolitik.
Klare Position
Fritz zeigte sich zuversichtlich, dass in Barcelona erstmals auch
Österreich klar positionieren werde, nachdem es sich in diesem
Prozess bisher eher "abstinent" verhalten habe. Zu den wichtigsten
Themen zählen eine steuerliche Entlastung, für die es derzeit
freilich noch zu früh sei. Die Entlastung müsse aber nachhaltig
erfolgen. Eine Steuerreform 2000, wo sich die Regierung das Geld zu
Lasten der Unternehmer wieder zurückgeholt habe, dürfe es nicht mehr
geben. Auch "eine Senkung der Lohnnebenkosten allein ist keine
Steuerreform, damit lassen wir uns nicht abspeisen", sagte Fritz.
Auch eine Senkung der Körperschaftssteuer (KÖSt) bleibe ein
Hauptanliegen der Industrie.
Wenn Österreich wie von der Regierung angekündigt, in Sachen
Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit unter die europäischen Top-5
aufsteigen möchte, sind nach Ansicht der Industrie auch noch andere
Bereiche zu forcieren: "Heilige Kühe" wie die Skepsis gegenüber
Biotechnologie seien zu überdenken. Verstärkt werden müssten auch die
Aus- und Weiterbildung etwa durch eine Universitätsreform und einen
Ausbau der Fachhochschulen. Die Forschungs- und Entwicklungsquote sei
vom bis 2005 angepeilten Ziel von 2,5 Prozent weiter zu erhöhen. Auch
beim staatlichen Pensionssystem sind trotz erster Schritte weitere
Reformen notwendig. Österreich weise mit einem Anteil der
öffentlichen Aufwendungen am BIP in Höhe von 14,5 Prozent EU-weit die
höchsten Ausgaben auf.
"Chance für ein neues Durchstarten"
"Barcelona bietet die große Chance für ein neues Durchstarten um
vom bevorstehenden Aufschwung voll zu profitieren", sagte der
Bereichsleiter Industriepolitik und Ökonomie, Erhard Fürst. In den
vergangenen 10 Jahren sei der weltweite Wachstumsmotor USA
durchschnittlich um 1,5 Prozentpunkte jährlich schneller gewachsen
als Europa. Die Arbeitslosenrate sei 2001 mit unter 4 Prozent nur
halb so groß gewesen wie in der EU.
"Die europäische Industrie drängt insbesondere auf eine
Entscheidung für das EU-Gemeinschaftspatent", so Fritz am Dienstag.
Besonderes Augenmerk sei auch auf den Konsultationsprozess für die
Eigenkapitalrichtlinien "Basel II" zu legen.(APA)