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Wien - Die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) schlägt Alarm: Mehr als die Hälfte der heimischen Einzelhandelsbetriebe sei überschuldet und daher massiv in ihrer Existenz gefährdet. Oft könnten aufgrund des bestehenden starken Preiswettbewerbes nicht einmal die Zinsen für Kredite verdient werden, sagte Erich Lemler, Obmann der Sektion Handel in der WKÖ. 45 Prozent der Betriebe arbeiten laut Österreichischem Institut für Gewerbe- und Handelsforschung (IfGH) gänzlich ohne Eigenkapital. Sorgen macht der Handelssektion die geringe Eigenkapitalausstattung der Betriebe auch im Hinblick auf das Basel-II-Kreditabkommen. Durch dieses werde die Kreditvergabe stärker an die Eigenkapitalquote gebunden, was für einige Unternehmen Probleme bringen würde. Lemler forderte daher erneut Steuererleichterungen für nicht entnommene Gewinne. Die Umsätze seien im vergangenen Jahr um 0,6 Prozent zurückgegangen. Das ist laut IfGH der erste reale, also inflationsbereinigte Rückgang seit mehreren Jahren. Auschlaggebend dafür seien vor allem das schwache zweite und dritte Quartal mit einem Minus von 1,5 beziehungsweise 1,3 Prozent gewesen, sagte IfGH-Handelsexperte Peter Voithofer. Leichte Hoffnung auf Besserung habe dagegen das gute Weihnachtsgeschäft gemacht. Zu geringe Ertragskraft Die Umsatzrentabilität, also der Gewinn vor Steuern in Prozent des Umsatzes, ist laut IfGH gegenüber 2000 von 0,8 auf 1,3 Prozent gestiegen. Nach wie vor liege die Ertragskraft damit allerdings auf zu geringem Niveau, sagte Lemler. Relativ am besten habe der Großhandel mit 1,8 Prozent Umsatzrentabilität abgeschnitten. Einzel- und Kfz-Handel schafften nur 0,6 Prozent. Besonders hohe Umsatzrentabilität zeichne den Spiel-und Sportartikelhandel aus. Letzterer konnte auch die Umsätze um fast sechs Prozent steigern. Verluste schrieben dagegen Schuh-, Möbel-, Uhren- und Schmuckhandel sowie der Buchhandel. Große mit Gewinn Positiv auf die Gewinne wirke sich die Betriebsgröße aus: Nur knapp jedes dritte Handelsunternehmen mit weniger als 500.000 Euro (6,88 Mio. S) Umsatz schreibe schwarze Zahlen. Die Großen der Branche (Umsatz über 7,5 Mio. EURO) machen dagegen zu 72 Prozent Gewinne. "Der Trend geht weiter in Richtung Einkaufszentren", sagte Voithofer. Die großen Shoppingcenter hätten die Kundenfrequenz konstant halten können und wären auch diejenigen, die weiter in die Expansion investieren. "Das Flächenwachstum im Einzelhandel ist beinahe ausschließlich auf filialisierte Großbetriebe zurückzuführen", so Voithofer. Auch regional gab es markante Unterschiede in der Umsatzentwicklung. Nur Westösterreich konnte ein - wenn auch mit 0,1 Prozent äußerst geringes - reales Umsatzplus verzeichnen. Süd-und Ostösterreich mussten dagegen mit real 0,7 beziehungsweise 1,2 Prozent Rückgänge hinnehmen. Eine Entwicklung, die Voithofer vor allem auf den Tourismus zurückführt. Aufschwung 2003 Für heuer erwartet Lemler nur eine leichte Besserung der angespannten Situation des Vorjahres. Die von Wirtschaftsforschern prognostizierte Steigerung der Konsumausgaben von 1,6 Prozent sei nur dann realisierbar, wenn gleichzeitig die Sparquote sinke. "Da bin ich eher skeptisch", so der Sektionsobmann. Wirklich besser sollte das Geschäft erst wieder ab 2003 laufen. (zwi, Der Standard, Printausgabe, 13.02.02)