Nach dem vergangene Woche angemeldeten Konkurs der City Cinemas ist die weitere Bespielung von fünf Wiener Innenstadtkinos, darunter das bei Viennale- und Premierenpublikum beliebte (sonst wenig besuchte) Gartenbaukino, ungewiss, nach neuen Betreibern wird gesucht. Ein Mangel an "strukturpolitischen Reformen"? Oder gar ein "Konkurs der Kinopolitik", wie die grüne Europa-Abgeordnete Mercedes Echerer behauptet (STANDARD, 4. 2.)? Mitnichten! Der Konkurs der City Cinemas ist nicht mehr und nicht weniger als das, was er ist: der Bankrott einer privaten Kinobetreibergesellschaft, die trotz großer Startvorteile nicht in der Lage war, ihr Schiff auf Kurs zu bekommen. Dass die Witterungsbedingungen nicht einfach sind, war bereits klar, als die City Cinemas ihre Aufgabe angetreten haben: Vor drei Jahren hat die Gruppe die ehemaligen gemeindeeigenen Kiba-Kinos übernommen, um unter dem gemeinsamen Namen "City Cinemas" "Kino-Erlebniskultur" anzubieten und eine Übernahme durch den Platzhirschen Constantin zu vereiteln. Die schwierige Situation am Kinomarkt war den Betreibern damals bewusst: Bereits zwischen 1995 und 1999 ist die Zahl der Kinositzplätze in Wien von 17.111 (1995) auf 27.380 sprunghaft angestiegen - die weiteren Eröffnungen von Multiplex-Kinocentern haben schon damals eine Zuspitzung erkennen lassen. Die Betreiber waren jedoch überzeugt, es ohne öffentliche Mittel schaffen zu können: Es gelte, das "Rettet das Gartenbau"-Publikum anzusprechen und eine Art "Gegenkultur" zu den Megaplex-Kinos zu entwickeln - durch eine "bessere gastronomische Einbettung" und "anspruchsvolles Programm", so die Vorstellungen von 1999. Knapp drei Jahre später ist davon nicht viel übrig geblieben: Die "gastronomische Einbettung" ließ zu wünschen übrig, das Gartenbau-Kino zeigte - außerhalb der Viennale und Premiereabende - Blockbuster wie "Harry Potter" oder "Vanilla Sky" vor einer Hand voll Jugendlicher. EU-widrige Forderung Knapp drei Jahre später standen die City Cinemas wieder bei Wiens Stadtvätern und -müttern und verlangten eine satte Finanzspritze, um den Konkurs abzuwenden. Dass die Kulturabteilung dem Sanierungskonzept von umgerechnet mehr als 50 Millionen Schilling nicht zustimmen konnte, ist verständlich: Kulturförderung ist nicht dazu da, Schulden aus der Vergangenheit zu tilgen und durch (De-facto-)Unternehmensförderung einer einzelnen Gruppe dieses Geld anderen innovativen Kinoprojekten vorzuenthalten. Formal widerspräche das im Übrigen auch dem EU-Wettbewerbsrecht. Angesichts der schwierigen Lage am Kinomarkt und der bisherigen Performance der City Cinemas wäre es unverantwortlich, Steuergeld zu investieren, wenn die Kinos allein womöglich nie überlebensfähig sind. Bis heute ist nicht ersichtlich, dass die Bespielung sich in künstlerischer Hinsicht vom normalen Programmkino unterscheiden sollte. Das wäre jedoch die einzige Möglichkeit, Kulturförderung zu investieren. Kinobetriebe sind vor allem auch Wirtschaftsunternehmen, die im gegenseitigen Wettbewerb stehen. Die öffentliche Hand kann nur dort regulierend eingreifen, wo die Bedürfnisse eines bestimmten Publikums gefährdet sind oder sehr spezifisches, innovatives Programm angeboten wird. Nicht zuletzt deshalb wurde bereits vor drei Jahren die "Kinoförderung" beschlossen, die erst kürzlich in einer überarbeiteten Form bis 2005 von der Stadt Wien bereitgestellt wird: 73.000 Euro (10 Millionen Schilling) pro Jahr kommen ausschließlich kleinen und mittleren Kinos zugute, die bestimmte Qualitätsmerkmale aufweisen. Nur so können viele der kleinen, innovativen Kinos überleben. Publikum entscheidet Wie absurd klingt da die Forderung der grünen Europa-Abgeordneten Echerer, "Museen" draus zu machen. Kino und Filmkultur dürfen nicht unter einen Glassturz gestellt werden. Schon gar nicht aufgrund unternehmerischer Mängel. Die City Cinemas sind in Konkurs. Aber was geschieht mit den Kinos? Dass die Kulturabteilung der Stadt bemüht ist, einen neuen (Kino!-)Betreiber für die Viennale-Standplätze Gartenbau und Metro zu finden, ist wichtig und lobenswert. Doch auch für das symbolbehaftete Gartenbaukino, das im Alltagsgeschäft kaum Kinogeher anzieht, sollte gelten: Im Zweifel entscheidet das Publikum. Und zwar jenes Publikum, das auch außerhalb der Viennale ins Kino geht. (DER STANDARD, Print, 13.02.2002)