dieStandard.at: Seit wann und wieso gibt es KiG!? Anita Hofer: KiG! gibt es seit 1999, eben aus der Erkenntnis heraus, dass Graz durchaus eine rege Freie Szene besitzt, aber so etwas wie ein "Dach drüber" fehlt. Jetzt versuchen Stadt und Land so etwas wie eine Servicestelle für die Bürger und Künstler zu installieren, wo transportiert wird, dass sie alle, auch die Freie Szene subsumieren möchten. Auf jeden Fall gibt es das für die Freie Szene inzwischen schon, ist aus den Bedürfnissen gewachsen und wird ziemlich gut genützt. Und ich möchte vor allem, dass bei KiG! die Freie Szene gefördert wird. Auch wenn einige von uns relativ gut etabliert sind, wird in den Medien nur wenig über unsere Arbeit berichtet. Es gibt da eine ziemliche Schere zwischen wirklich großen Events und unseren. Und es gibt viele Initiativen, die überhaupt keine Chance haben bei Großevents wie zum beispiel dem Steirischen Herbst präsent zu sein. Und irgendwie geht’s uns auch darum, mit diesen Möglichkeiten, die wir als Plattform haben, umzugehen und drauf zu pochen, dass die Freie Szene kein zu vernachlässigender Faktor ist in der sogenannten "Kulturlandschaft". Die Kulturwirtschaft ist einer der wenigen Wirtschaftsbereiche, der wächst. dieStandard.at: Ihr deckt ja auch mit eurem Veranstalungskalender ein Manko der Stadt Graz ... Anita Hofer: Wenn man selber Kulturtouristin ist, dann weiß man, man will herumschauen, flanieren, die Stadt erkunden. Da möchte man halt nach einem Abend in die Oper und einem in den Museen auch wissen, was in den Galerien gezeigt wird, beziehungsweise wo es überhaupt Galerien gibt. Und diese Info wird bis dato von keinem anderen Kulturmedium angeboten. Insofern ist das, was von Kulturpolitikern an Interesse gegenüber der Freien Szene bekundet wird, ein reines Lippenbekenntnis. Es wird ja auch so getan, als würde es nichts geben. Es passiert total viel in dieser Stadt. Nur wird’s von gewissen Stellen nicht wahrgenommen. Die Kulturpolitiker hab ich kaum bei einem Event der Freien Szene gesehen. dieStandard.at: Inwiefern siehst du das nicht auch als systemimmanent? Anita Hofer: Wenn es nicht solche Lippenbekenntnisse gegeben hätte von Seite Hirschmann, dass die Freie Szene sein Liebkind sei, und würde er irgendwo Geld herkriegen, dann würde er es uns schon geben, würde ich mir ja auch nichts erwarten. Die Lösung der Misere ist nämlich die, dass das Kulturbudget im gesamten nicht hoch genug ist. Wenn die Kulturwirtschaft die einzige im Wachsen ist, dann sollte das auch einmal in die Wirtschaft transportiert werden. Das wäre die Aufgabe der Kulturpolitiker. Es müsste mit den Finanz- und Wirtschaftsräten ein innovatives Modell der Förderung erarbeitet werden. Aber wahrscheinlich kann man das von einer konservativen Regierung einfach nicht haben. Was bei einer konservativen Regierung als Fortschritt gilt, ist ja eigentlich ein Rückschritt. Und wenn man diese sogenannten Reformen nicht gutheißt, gilt man als rückschrittlich. Das ist ja die Krux. dieStandard.at: Und inwieweit hat es schon so eine Zusammenarbeit gegeben? Anita Hofer: Wir es durch massiven Druck geschafft, mit 20 Kulturinitiativen bei Hirschmann einen Termin zu kriegen. Und als Gesprächsergebnis hat es einige Versprechungen seinerseits gegeben. Das eine war, dass wir uns im Herbst wieder treffen und weiterhin in unregelmäßigen Abständen Gespräche führen. Und jetzt ist es Februar und das Gespräch hat noch immer nicht stattgefunden. Das zweite Versprechen war, dass ein Kulturbeirat installiert werden wird, in dem auch zwei oder drei Vertreter der Freien Szene sitzen. Wir haben bereits im November Leute nominiert, aber wir haben bis dato keine Rückmeldungen gekriegt. Das dritte Versprechen war, dass er insgesamt schauen wird, was er für die Freie Szene tun kann. Und dass er auch für alle Vorschläge offen ist. Wir haben ihm vorgeschlagen, dass wir uns einmal mit dem Finanz- und dem Wirtschaftslandesrat zusammensetzten, um ein Modell zu entwerfen, wie wir Gelder aus der Wirtschaft lukrieren könnten. Sponsoring im Kulturbereich ist meistens auf Großevents beschränkt. Materialsponsoring in geringem Ausmaß ist alles, was die freie Szene erhält. dieStandard.at: Wie siehst du Graz 2003? Als Förderung der Kulturszene oder als Feigenblatt? Anita Hofer: Es gibt viel zu wenig Resonanz auf die regionale Szene. Es ist außerdem relativ wenig Geld für Projekte, für Inhalte da. Es werden hauptsächlich Hüllen gebaut. 2003 ist in Wirklichkeit eine Infrastrukturmaßnahme für die Stadt, um es schön zynisch zu sagen. Es gibt ein Kunsthaus, wobei noch immer nicht klar ist, mit welchen Inhalten es gefüllt wird. Es wird eine Murinsel geben, wo überhaupt nicht klar ist, wozu die überhaupt da sein wird. Ich find’ das ganze einen ziemlichen Wahnsinn. Die Projektbudgets sind auch nicht zu hundert Prozent gedeckt. Zum Beispiel wird überhaupt kein Geld bezahlt für Infrastrukturmaßnahmen. Und wie immer und überall ist irrsinnig viel "Verhaberung" passiert. Eigentlich ist es ein sarkastisches Projekt, denn auf was sollen die Leute schauen? Auf die Fassaden. Und diese sollen sie ja nicht aufmachen und hinein schauen, was drinnen ist. Das ist sowieso ein Phänomen unserer Zeit, dass es immer mehr auf die Hüllen ankommt und nicht auf Inhalte. dieStandard.at: Danke für das Interview. Das Interview führte Elke Murlasits.