Seit dem 11. September und den von Anthrax-Briefen geprägten Wochen danach werden vor allem in den USA Maßnahmen zur Terror-Prävention diskutiert - und auch in ungeahntem Maße neu budgetiert. In Erinnerung ist auch das nachträglich veröffentlichte "Dark Winter" -Szenario über den Ausbruch einer Pocken-Epidemie in Oklahoma. Das deutsche Nahrichtenmagazin "Der Spiegel" berichtet in seiner aktuellen Ausgabe von einem noch wesentlich spektakuläreren Szenario: der Explosion einer Atombombe im New Yorker Hafen. Spekulativ? Nicht unbedingt: Wie das Magazin schreibt, wage es nach dem 11. September niemand mehr, ein betreffendes Szenario als unrealistisch abzutun. Zur Erinnerung: auch der Anschlag auf das World Trade Center hatte in der dann durchgeführten Form als völlig undenkbar gegolten. Der Ablauf Das Szenario geht von einer an Bord eines Handelsschiffes nach New York geschmuggelten 12,5 Kilotonnen-Bombe aus, die im Hafen zur Explosion gebracht wird. [Zum Vergleich: Die auf Hiroshima abgeworfene "Little Boy"-Bombe hatte eine Sprengkraft von 13 Kilotonnen.] Die weiteren Folgen berechneten Mediziner der Harvard Medical School unter Nutzung spezieller Software des US-Rüstungskontrollamts Defence Threat Reduction Agency. Druckwelle und Hitze der Explosion würden demnach 52.000 Menschen sofort töten, etwa 10.000 würden wahrscheinlich kurz darauf an den Folgen der Verstrahlung sterben. Radioaktiver Fall-out würde in längerfristiger Folge, vor allem aber in den nächsten vier Wochen, weitere 200.000 Tote fordern. Aus Hiroshima ist bekannt, dass die Krebs- und Leukämieraten nach der Explosion jahrzehntelang weit über der Norm lagen. Ingesamt beliefe sich also die Zahl der unmittelbaren Opfer eines solchen Anschlags auf bis zu 250.000 Menschen - das Fünfzigfache der Katastrophe vom World Trade Center. Auch die Hilfe-Möglichkeiten wären stark eingeschränkt: ca. 10.000 dringend benötigte Krankenbetten gingen durch den Anschlag verloren - 1.000 durch unmittelbare Zerstörung, weitere 9.000 durch Fall-out-Verseuchung. Schlussfolgerungen In den nächsten beiden Jahren wird die US-Regierung zwei Milliarden Dollar in den Schutz vor Bioterror investieren - doch muss dies keineswegs die wahrscheinlichste Bedrohung sein. Mit Blick auf reale Fälle von Atomschmuggel in den letzten Monaten weisen die Harvard-Mediziner ausdrücklich darauf hin, dass es sich beim simulierten Anschlag auf New York nicht um ein Science Fiction-Szenario handelt. Einzig wirksame Präventionsmaßnahme könne es letztlich sein, sämtliche Atomwaffenbestände auf der Welt zu vernichten und damit die Bedrohung durch waffenfähiges Uran, das in die falschen Hände gerät, abzuwenden. (red)