Wien - Bei einem Scheitern der anvisierten Österreich-Lösung für die E-Wirtschaft könnten die heimischen Energieversorger zu "Übernahmekandidaten" statt zu Partnern global agierender EVU werden, und es drohe der Verlust der eigenen Gestaltungsmöglichkeit. Weitere Landes-EVU würden Partnerschaften mit Auslands-Versorgern eingehen. Die künftig primär im Produktionsbereich - vor allem der Wasserkraft - möglichen Margen würden sich im Vertrieb weiter reduzieren. Dieses Szenario malt eine am Mittwoch beim Stromgipfel in Wien präsentierte Expertise für den Fall eines Scheiterns einer Österreich-Lösung.Eigenständigkeit gesichert Bei einer Austro-Variante würden dagegen die Eigenständigkeit und die nachhaltige Stromversorgung Österreichs gesichert - da die heimische Erzeugung verstärkt in österreichischer Hand bleibe. Allein im Netzbereich seien zugunsten der Bevölkerung Synergien von bis zu 500 Mill. Euro (6,880 Mrd. S) oder 1 Cent (13,76 Groschen) je kWh möglich, weitere Synergien im Produktionsbereich würden die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen EVU im In- und Ausland stärken. Eine gestärkte heimische E-Wirtschaft mache diese zu Partnern internationaler Unternehmen, und die Wertschöpfung bleibe im Land. Für eine Österreich-Lösung spreche etwa, dass sich die Margen der Elektrizitätsunternehmen im Vertrieb rapid reduziert hätten und die Endverbraucherpreise teilweise nur noch schwer zu halten seien. Die Großhandelspreise würden sehr stark variieren, wobei thermische Kraftwerke teils Probleme hätten, die variablen Kosten abzudecken. Hemmung des Wettbewerbs Nachteile einer Österreich-Lösung könnten dagegen die Hemmung des innerösterreichischen Wettbewerbs vor allem bei einer Zusammenlegung der Vertriebsaktivitäten sein, heißt es in dem Papier weiter. Auch auf die künftige österreichische Ström-Börse könnte sich eine Inlands-Lösung negativ auswirken, zudem würde eine solche Variante die Koordination und Zustimmung vieler Beteiligter erfordern. Voraussetzung für eine Österreich-Lösung sei eine volle gesellschaftsrechtliche Entflechtung von Produktion, Netzbetrieb und Vertrieb, die Bereitschaft der Unternehmensführungen zur Kooperation, eine Einigung der öffentlichen und privaten Eigentümer sowie eine "rasche Entscheidungsfindung": "Wahrscheinlich ist 2002 die letzte Gelegenheit für eine Österreichlösung", so die Energie-Expertise. Kooperation wird schwieriger Da sich einige potenzielle Partner bereits an ausländische Unternehmen gebunden hätten, werde eine Kooperation im Zeithorizont immer schwieriger. Bestehende Partnerschaften seien nicht nur eigentumsrechtliche Beteiligungen (RWE an Kelag, EdF an EStAG) sondern auch sehr langfristige Vertragsbeziehungen mit ausländischen Unternehmen (Illwerke, Tiwag). "Bei einer weiteren Beschleunigung der Marktbereinigung durch Fusionen ist damit zu rechnen, dass diese Beteiligungen in der Konzernstrategie der großen ausländischen Unternehmen nur eine untergeordnete Rolle spielen und im Sinne weiterer Synergiepotenziale abgetauscht werden", heißt es wörtlich. Ziele einer Österreich-Lösung wären eine Zusammenführung der in öffentlichem Besitz befindlichen Unternehmen, eine "Auflösung der ineffizienten Querbeteiligungen", ein Verbleib der Produktion im Inlands-Händen und eine gesicherte Stromversorgung aus nachhaltiger heimischer Erzeugung. Synergieeffekte sollten primär österreichischen Eigentümern zugute kommen. Starke heimische EVU wären Partner und nicht Töchter von Auslands-EVU. Und der Nutzen für die Österreicher liege in weiter sinkenden Strompreisen. Eine Stufenlösung könne zwar schnelle Synergieeffekte bringen, lautet das Fachurteil, "eine Nutzung aller Synergien ist aber erst nach einer Fusion möglich". (APA)