Der Bundeskanzler hat nun endlich auf die Reise seines Koalitionspartners Jörg Haider zu Saddam Hussein reagiert. Leider vollkommen unzureichend: Einem Diktator die Hand zu reichen, sei echt nicht gut. So etwas sei ein Symbol und ein Politiker müsse auf die Wirkung seiner Symbole achten. Das ist lauwarmes Zeug. Wenn Bundeskanzler Schüssel nichts anderes mehr einfällt, um seine Autorität gegenüber dem de-facto-Chef seines Partners FPÖ wieder herzustel-len, dann sieht es nicht gut um ihn aus. Seit Herbst vergangenen Jahres hält Haider die österreichische Innenpolitik in Atem und verhindert damit noch den Rest von Reformarbeit, zu dem diese Koalition theoretisch fähig wäre.

Zuerst das Anti-Temelín-Volksbegehren, das in Wirklichkeit ein Anti-EU-Erweiterungsbegehren war. Dann Haiders Weigerung, den Ortstafelspruch des Verfassungsgerichtshofs zu akzeptieren und seine anschließenden Versuche, den Rechtsstaat zu unterminieren. Dann das Thema Steuersenkung, die die ÖVP und Finanzminister Grasser nicht für leistbar halten , die Haider aber "für den kleinen Mann" trotzdem durchdrücken will.

Jetzt diese verrückte Reise zu Saddam. Sie ist der klarste Ausdruck dessen, dass Haider in Wirklichkeit kein rationales politisches Ziel mehr hat. Er langweilt sich in Kärnten zu Tode. Die Situation dieses Schlusslicht-Bundeslandes durch harte Arbeit zu verbessern, fällt Haider nicht ein. Statt dessen lässt er sich unter dem Slogan "Kärnten blüht auf" mit Rosengeranke und feuchtem Blick auf einem Plakat abbilden, das von dem französischen Künstlerpaar "Pierre & Gilles" (derzeit Kunsthaus Wien) gestaltet sein könnte.

Dieses aberwitzige Treffen mit Saddam erfolgte am selben Tag, als der amerikanische Außenminister Powell, ein Gemäßigter, erklärt, es sei "die Politik der Vereinigten Staaten", dass ein "Wechsel des Regimes im Irak im Interesse der Region" läge. In relativ kurzer Zeit werden wir erfahren, dass Haider seinem Freund Saddam Hussein "aus humanitären Gründen" ein Jausenpackerl in seine Zelle beim Kriegsverbrechertribunal gebracht hat.

Haider will nichts mehr - außer Stunk machen. Es geht ihm nur noch um Destruktion, um den ultimativen Schuss Publizität in die Vene. Das war immer schon absehbar (nur nicht von den geschichtslosen Provinzlern unter unseren politischen und journalistischen Eliten, die meinten, der Mann sei eine etwas ungezügelte, aber erfrischende Kraft, die man auf ihre eigenen Mühlen leiten könnte).

Schüssel hat Haider lange mit beachtlichem politischen Geschick ausgetrickst und immer wieder auch für eine Zeitlang "ruhigge-stellt". Aber seine Natur als zwanghafter Störfaktor kann Schüssel nicht verändern. Ob Haiders Eskapaden Österreich jetzt "im Ausland schaden", ist praktisch schon egal. Unseren Ruf haben wir schon, da kann nicht mehr viel verschlechtert werden. Das wahre Problem ist, dass sich so viele von einem politischen Abenteurer wie ihm etwas erwartet haben. Nur: wie will Schüssel da jetzt weiter regieren? Mit einem Partner Haider, der alle drei Wochen eine andere Sau durchs Dorf treibt? Mit einer Vizekanzlerin, die Haider als zu vernachlässigende Figur darstellt? Sie kriegt endlich Termine in der mittleren Ebene der Regierung Bush, da muss er ihr sein Bussi mit Saddam vor den Latz knallen.

Schüssel muss einen Weg finden, Haider endgültig zur Raison zu bringen. Er hat uns die Koalition mit diesem Mann eingebrockt, er hat uns zu verstehen gegeben, das werde schon gehen. Wie das gehen soll - wir wissen es nicht. Aber Schüssel muss es wissen. Wenn nicht, ist seine Autorität dahin.
hans.rauscher@derStandard.at(DER STANDARD, Printausgabe, 15.2.2002)