Foto: Matador Records
Wir erinnern uns. 1998 lieferte Cornelius mit „Fantasma“ eines der schönsten aber auch seltsamsten Alben des Jahres. Mit wüster Cut & Paste-Methodik ließ er Versatzstücke der Pop-Geschichte – von Brian Wilson und Burt Bacharach über Slayer bis hin zu den Beastie Boys – durcheinander wirbeln. Das Ergebnis war eine wilde Collage aus Genre-Fakes. Ein Meisterwerk, das gekonnt zwischen den beiden Polen Kontrolle und Ekstase oszillierte.

Fast vier Jahre später ist Keigo Oyamada, wie der japanische Musiker mit bürgerlichem Namen heißt, merklich ruhiger geworden. Auf seinem zweiten außerhalb Japans veröffentlichten Album „Point“ behält er zwar den eklektischen Umgang mit der Pop-Historie bei, das wilde Hantieren mit den Rohmaterialen ist jedoch einem wesentlich kühleren Zugang gewichen. Immer wieder drängt sich auch die Lust am Experiment mit der digitalen Produktionstechnik in den Vordergrund.

Der Opener „bug“ führt scheinbar zusammenhangslos verzerrte Soundfetzen vor. Es folgen perfekt konstruierte, surreal schöne Pop-Simulakren, wie das exotisch bizarre „Brazil“, eine Coverversion des Jahrhundertsongs „Aquarela do Brasil“ von Ary Barroso oder die Vocal-Surf-Variation „Point of View Point“. Dazwischen blubbern die Beats („Drop“) und zwitschern die Vögel („Tone Twilight Zone“). Ab und an lässt Cornelius auch schon mal die Sau raus und die Napalm-Death-Gitarre dröhnen („I Hate Hate“). Ein unterkühltes Sound-Erlebnis. (dx)