"Es ist ganz schön was los." Der Grazer Transfusionsmediziner Werner Linkesch staunte nicht schlecht über das Medienecho auf seine Stammzelltherapie. Dabei hatte er nur etwas probiert, was anderswo ebenso getan wird (auch dort noch längst nicht als Standard, sondern im Versuch): Er transplantierte einer Leukämiepatientin Nabelschnur-Stammzellen eines Spenders. Und der Betroffenen geht es viel besser.Eine gute Nachricht - und schon ein Hype. Warum hypen gerade Stammzellen? Vielleicht fasziniert, dass die Heilung "natürlich" ist? Vielleicht ist's der ewig junge Jungbrunnen-Mythos? Vielleicht die vielfältige Spezialisierung der Zellen? Neueste Entdeckung: Bestimmte werden zu Lungengewebszellen. Noch besser: "Bestimmte Adulte" - vielleicht liegt der Hype am Fehlen solcher Differenzierungen. In der öffentlichen Debatte, die hierzulande - einem Klon nicht unähnlich - verkrüppelt im Embryonalstadium stecken bleibt, kommen oft alle Stammzellen in einen Topf. Darin vermischen sich dann die (wenigen) Anwendungen mit (vielen) hoffnungsfrohen Ahnungen. Therapien wie in Graz mit Eigenschaften von Embryozellen, Nabelschnur- mit Knochenmarkszellen usw. Eine Übertreibung? Nehmen wir nur die so genannten Informationssendungen des ORF zum deutschen Bundestagsentscheid über den Import von Embryozellen. Behauptete die Berichterstatterin doch glatt, mit Embryo-Stammzellen könnte eines Tages Krebs geheilt werden. Mister "Modern Times" Josef Broukal wiederholte den Stuss in seiner "ZiB"-Moderation auch noch. Bitte, die sind "hundsgemeine Tumorzellen", wie es ein Forscher im STANDARD ausdrückte. Bei falscher Basisinfo können Hoffnungen hypen. Gerade Krebspatienten sollten wir solche Wucherungen ersparen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16./17. 2. 2002)