Wien - Natürlich sind Diven etwas Wunderbares. Wie Waltraud Meier da die Bühne betrat - ruhig und souverän -, da hatte sie das Publikum schon allein durch ihr Charisma in ihren Bann gezogen. Im taubenblauen Satinkleid, perlen-umkettet und mit frisch onduliertem Haar verströmte sie schlichte wie zauberhafte 50er-Jahre-Eleganz, in einem nachgerade idealen Verhältnis Strenge, Verführung und Mütterlichkeit vereinend. Ihre künstlerische Leistung wurde ihrem Auftreten leider nicht gerecht, war ihrem klaren Mezzosopran doch ein gerüttelt Maß an Sprödheit zu Eigen; besonders bei den leisen, leicht exponierten Passagen der Wesendonck-Lieder Richard Wagners bangte man, letztlich unnötigerweise, das eine oder andere Mal um deren tadellose Bewältigung. Nein, es war nicht so, dass einem das Herz aufgegangen wäre ob ihrer Darbietung. Dennoch Applaus. Auch Jonathan Nott ist einer, der sich vor einem großen Publikum sichtlich wohl fühlt. Mit seiner variabel-anschaulichen Dirigiersprache führte er mit smartem Sonnyboy-Flair die etwas klangbiederen Bamberger Symphoniker kraftvoll durch die Klippen von Strawinskys Sacre. Man sah die Partitur förmlich röntgenisiert vor Augen, so klug und präzise, wie der Brite seine Zeichen zu setzen verstand. Zu Beginn hatte Nott einen fragilen Achtminüter von Toru Takemitsu gestellt: Ceremonial - An Autumn Ode für Shô und Orchester. Ko Ishikawa spann auf dem japanischen Instrument silberne, lamettazarte Klangfäden, welche er mit fernöstlichem Gleichmut zu fragil-gleißenden, hypnotisch-flirrenden Klangteppichen zu verweben wusste. Es war sehr schön. Man kann ein Werk indes auch in Schönheit ertränken. Schumanns 4. Symphonie, dieses kleine Wunderwerk lebensfroher Melancholie, kam im Musikverein in den Genuss des philharmonischen Watte-sounds. Allein, im Verbund mit Riccardo Mutis galanter Führerschaft wirkte es doch pomadig und schwerfällig. Da wären doch mehr Kontrastabenteuer zu bestehen gewesen . . . Mitunter schien Riccardo Muti zu wollen, aber da schienen die Philharmoniker nicht zu wollen (im Scherzo ). Immerhin - schillernder Farbzauber des Impressionismus in Ravels Rhapsodie espagnole und de Fallas Der Dreispitz. Versöhnlich. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18. 2. 2002)