Auf die ORF-Berichterstattung über die Krise der FPÖ soll jetzt gar nicht näher eingegangen werden. Das findet an anderer Stelle ausführlich statt. In diesem Zusammenhang sei aber wieder einmal auf ein Grundlagenwerk politischer Kultur hingewiesen, das für das Verständnis von Politik im Fernsehen von Bedeutung sein könnte.Der deutsche Politikwissenschafter Andreas Dörner veröffentlichte 2001 bei Suhrkamp seine viel beachtete Studie Politainment - Politik in der medialen Erlebnisgesellschaft. Darin wird nicht nur ausführlich beschrieben, wie sich die mediale Vermittlungsform von Politik über die Jahre zu einer eigenen Kunstform entwickelte - und welche Rolle dabei zu Showgrößen mutierende Meinungsführer spielen: Form bestimmt Inhalt. Hier wird auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein "passives" Publikum als ein via TV dauerbeobachtendes "Auge Gottes" öffentliche Meinung letztlich doch auch mitbestimmt - mittels Quote: "Politischer Erfolg wird an eine Akkumulation von Wahrnehmungen gebunden, an die gelingende Kapitalisierung kollektiver Aufmerksamkeit." Laut Dörner lässt sich dieses knappe Gut aber nur sichern, wenn Politiker es mithilfe geschickter Inszenierungen schaffen, immer wieder präsent zu sein, und die Medienzeit möglichst markant nutzen. Wer laut Dörner diese Ressource für sich erobert hat, der kann sich schließlich auch im innerparteilichen Machtkampf durchsetzen. Da sage noch einer einmal, Politik im Fernsehen sei für ihn nur ein irakisches Dorf. (schach/DER STANDARD; Print-Ausgabe, 19. Februar 2002)