Europa
Berlusconi droht mit Neuwahlen
Italiens "Medien"-Premier hat mit dem Medien- Konzern RAI zu kämpfen
Ausgerechnet im Informationsbereich erwächst Silvio Berlusconis Regierung die schwerste Krise seit Amtsübernahme. Schon seit Freitag sollte der neue Verwaltungsrat der öffentlich-rechtlichen RAI arbeiten, heftigste Auseinandersetzungen innerhalb der Mitte-rechts-Allianz verzögerten aber die Ernennung. Der Kampf um die Macht im staatlichen Rundfunk hat die Koalition so tief gespalten, dass der Premier seinen Partnern sogar mit Rücktritt und Neuwahlen drohte.Hintergrund der Krise ist nicht nur der beispiellose Schacher um die fünf Verwaltungsratsposten und die Chefredakteurssessel. Alleanza Nazionale und die Christdemokraten fürchten immer mehr einen zu mächtigen "Medien-Premier" Berlusconi, der zu seinen drei Privatsendern auch vollen Einfluss auf die RAI nimmt. Die kleinen Partner fordern mehr Präsenz für sich und blockieren seit Tagen jeden Versuch des Premiers, seine Gefolgsleute - etwa den Chef des im Berlusconi-eigenen Nachrichtenmagazins Panorama Carlo Rossella - in der RAI zu installieren. Die Lega rückt ebenfalls von der Forderung nach einem eigenen Vertreter im Verwaltungsrat nicht ab, auch Umberto Bossi droht mit Koalitionsaustritt.
Die Mitte-links-Opposition hat Montag eine Anzeige bei der Behörde zur Fernsehüberwachung eingebracht. Obwohl auch die Privatsender per Gesetz zu politischer Ausgeglichenheit verpflichtet seien, werde die Opposition in den Berlusconi-Sendern totgeschwiegen. Laut dem unabhängigen Kontrollinstitut kommt die Regierungskoalition in den Informationssendungen der Berlusconi-Sender auf eine Präsenz von 76 Prozent, dem Mitte-links-Bündnis wurden 14 Prozent eingeräumt. (DER STANDARD-Print-Ausgabe, 19.2.2002)