Afghanistan
Exminister prophezeit Rückkehr der Taliban
Abdul Rassak: "Wir warten auf unsere Zeit"
Kabul/Washington - Der frühere Innenminister der afghanischen Talibanregierung hat angesichts der politischen Instabilität im Land eine baldige Rückkehr der Taliban prophezeit. "Wir werden unsere Aktivität in Afghanistan bald wieder aufnehmen, weil das Volk uns dazu zwingen wird", sagte Mullah Abdul Rassak der Nachrichtenagentur Reuters am Montag.Rassak warf der Übergangsregierung von Hamid Karsai vor, sie sei nicht in der Lage, für Sicherheit zu sorgen. "Wir haben mit unseren 40.000 Kämpfern die Sicherheit im ganzen Land gewährleistet, Karsais Regierung ist nicht einmal in der Lage, den Frieden in Kabul zu sichern", sagte Rassak in Spin Boldak, einer Ortschaft im Süden Afghanistans an der pakistanischen Grenze. Die Taliban seien derzeit nirgendwo aktiv. Sie beobachteten die Entwicklungen und warteten auf ihre Zeit, sagte der frühere Minister, der auch Kommandeur der Talibantruppen im Norden des Landes war.
Dort bekämpfen sich wieder usbekische und tadschikische Volksgruppen, die zuvor gemeinsam in der Nordallianz gegen die Taliban gekämpft hatten. Ihre Anführer, Mohammed Fahim und Abdul Raschid Dostum, sind Verteidigungsminister und Vizeverteidigungsminister in der Übergangsregierung. In Kabul selbst war am Donnerstag der Tourismusminister vermutlich von hochrangigen Vertretern der Sicherheitskräfte erschlagen worden. Auch die Internationale Truppe Isaf kam in Kabul unter Beschuss.
Neue Gruppe al-Farkan
Führende Taliban- und Al-Qa'ida-Kämpfer sollen sich nach dem Fall von Kandahar vergangenen November nach Peschawar in Pakistan zurückgezogen und dort unter dem Namen al-Farkan eine neue Gruppe gegründet haben. Al-Farkan soll gegen die amerikanische Militärpräsenz in Afghanistan kämpfen, zitierte das US-Nachrichtenmagazin Time in seiner neuesten Ausgabe Mullah Abdulsamata Khaksar, einen früheren stellvertretenden Innenminister des Talibanregimes, der offenbar unbehelligt in Kandahar lebt.
Die pakistanische Polizei setzte unterdessen landesweit ihre Suche nach dem entführten US-Journalisten Pearl fort. Das Verhör eines Hauptverdächtigen lieferte keine neuen Hinweise. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 19.2.2002)