Österreich
Amoklauf in Bayern: Hinweise auf Rachemotive verdichten sich
Mit dem Taxi zur minutiös geplanten Tat
Freising - Nach dem Amoklauf des 22-jährigen Adam L. in Bayern haben sich am Mittwoch Hinweise auf persönliche Rachemotive
des Täters verdichtet. Kein rechtsradikaler Hintergrund
Der schwer bewaffnete L. hatte in seinem
offenbar minutiös geplanten Amoklauf zwei ehemalige Vorgesetzte in
Eching bei München und den Rektor einer Wirtschaftsschule in Freising
erschossen. Wie die Polizei berichtete, hatte L. die Schule 1996
ohne Abschluss verlassen. Ein rechtsradikaler Hintergrund besteht
offenbar nicht. "Es gibt nach den bisherigen Ermittlungen beim Täter
kein rechtsradikales Umfeld", sagte der Sprecher. Zuvor war über
Kontakte zu Neonazis spekuliert worden.
Herkunft der Waffen fraglich
Die Herkunft der beiden Pistolen des Täters und der Handgranate
konnte nach Polizeiangaben noch nicht geklärt werden. Die nahe
Freising wohnenden Eltern des 22-Jährigen sagten bei ihrer Vernehmung
aus, selbst nicht im Besitz von Waffen zu sein. L. hatte bei
seinem Amoklauf zwei großkalibrige Pistolen, drei Rohrbomben und eine
Handgranate bei sich. Der als aggressiver Waffennarr geltende L.
benützte sein gesamtes Waffenarsenal. Die Waffen kamen zur
kriminalistischen Untersuchung ins Landeskriminalamt (LKA).
Firma hatte Mann entlassen
Der 22-Jährige hatte am Dienstagmorgen an seinem früheren
Arbeitsplatz in Eching zwei ehemalige Vorgesetzte im Alter von 39 und
41 Jahren erschossen. Im November vergangenen Jahres hatte die Firma
für Verpackungsmaterialien den Mann entlassen, angeblich wegen
notorischer Faulheit. Seitdem war L. arbeitslos.
Auf ehemaligen Klassenlehrer abgesehen
In der Freisinger Schule hatte es der Täter dann offenbar auf
einen früheren, als streng geltenden Klassenlehrer abgesehen, der
aber krank war. L. ging stattdessen ins Direktorat und erschoss
den verheirateten Schulleiter und Vater zweier Kinder,
eher er einen weiteren Lehrer niederschoss, der ihn zur Rede stellen
wollte. Der Täter wurde wenig später tot in der Schule gefunden.
Wohnungsurchsuchung ergab keine auffälligen Funde
Die Obduktion seiner Leiche sollte am Mittwoch Klarheit darüber
schaffen, ob sich der 22-Jährige erschoss oder ob er bei der
Explosion einer seiner Bomben ums Leben kam. Auch die Leiche des
Schuldirektors wurde obduziert. Die Ergebnisse sollten frühestens am
Nachmittag vorliegen. Bei einer Wohnungsdurchsuchung des Täters
fanden Beamte keine weiteren Waffen. "Es wurde nichts Auffälligens
entdeckt", sagte Polizeisprecher Wolfgang Stengel.
Amokläufer war mehrfach vorbestraft
L. war mehrfach vorbestraft. Unter anderem wurde er wegen eines
versuchten bewaffneten Raubüberfalles auf eine Freisinger Tankstelle
vom Juni 1998 zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und neun Monaten
auf Bewährung verurteilt. Nach den bisherigen Ermittlungen war er ein
Serieneinbrecher und Fahrraddieb. Aussagen von Bekannten des Täters
weisen auf Verbindungen des jungen Mannes zum Waffen-Milieu hin. Der
22-Jährige wurde in der polnischen Bergwerksstadt Zabrze mit rund
200.000 Einwohnern geboren.
Einschüsse
Die Polizei ging am Mittwoch zur kriminalistischen Feinarbeit
über. An beiden abgesperrten Tatorten suchten Beamte mit
Sprengstoffhunden weitere Spuren des Amoklaufes. Die
Wirtschaftsschule bleibt bis mindestens Donnerstag geschlossen. In
mehreren Räumen fanden die Ermittler Einschüsse von Pistolenkugeln
und Zerstörungen durch die weithin hörbaren Explosionen. Auch
Fensterscheiben gingen zu Bruch.
Mit dem Taxi zum Ort des Verbrechens
Die Vernehmung des Taxifahrers, der den Täter von Eching nach
Freising fuhr, ist bereits abgeschlossen. Demnach fiel dem Mann nicht
auf, dass er einen bis an die Zähne bewaffneten Schwerverbrecher von
einem Amoklauf zum andern fuhr.
Die Fahnenmasten gegenüber des Freisinger Schulzentrums trugen am
Mittwoch Trauerflor. Schüler legten Blumen nieder und entzündeten
Kerzen zum Gedenken an die Toten. Die Politiker in der Domstadt
verständigten sich darauf, bis diesen Sonntag den dortigen
Kommunalwahlkampf ruhen zu lassen. (APA)