Boston - Zwei amerikanische Forscher stellen das Aggressions-Konkurrenz-Versöhnungs-Modell als treibende Kraft im sozialen Verhalten von Primaten in Frage. Sie bieten eine Theorie an, die Kooperation und Freundschaft unter der Herausforderung wechselhafter Umweltbedingungen als wichtigste soziale Verhaltensweisen sieht. Präsentiert wurde diese These im Rahmen des Jahrestreffens der American Association for the Advancement of Science (AAAS) vergangenes Wochenende. Paul Garber von der University of Illinois und Robert Sussman von der Washington University belegen ihr Modell mit umfangreichem Datenmaterial aus Freilandstudien von Primatengruppen. Die Kritik am bestehenden Aggressions-Konkurrenz-Versöhnungs-Modell bezieht sich darauf, dass hierfür beweiskräftiges Datenmaterial fehle. Während ihrer Studien untersuchten Garber und Sussman, wieviel Zeit Primaten für soziales Verhalten aufwenden. Das Ergebnis war, dass Primaten fünf bis zehn Prozent ihrer Zeit sozialen Interaktionen widmen. Aggressionsraten liegen dabei bei nur einem Prozent, gesellige Verhaltensweisen treten hingegen 10 bis 20 mal öfter auf. Eine weitere Begründung, warum Konkurrenz als Triebfeder für soziales Verhalten nicht ausreiche, sehen die Forscher in der Evolution. Die Evolution geht in sehr langsamen Schritten vor sich, und ist in den meisten Primatenpopulationen nicht beobachtbar. "Wenn wir annehmen, dass Interaktionen zwischen Individuen in keinem direkten Zusammenhang mit evolutionären Phänomenen stehen, kann Konkurrenz um Nahrung und Partner nicht die treibende Kraft für soziale Interaktionen sein." schlussfolgert Garber. Flexibles soziales Verhalten habe sich vielmehr entwickelt, um mit wechselnden sozialen und ökologischen Bedingungen umzugehen, und nicht primär um die eigenen Gene weiterzugeben. (pte)