Kosovo
Petritsch soll als Zeuge auftreten
Österreichischer Spitzendiplomat und Bosnien-Beauftragter von Carla del Ponte bereits kontaktiert
Brüssel - Der österreichische Spitzendiplomat und derzeitige
internationale Beauftragte für Bosnien-Herzegowina, Wolfgang
Petritsch, wird voraussichtlich als Zeuge der Anklage im Prozess
gegen den früheren jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic vor
dem UNO-Kriegsverbrecher-Tribunal in Den Haag auftreten.
Chefanklägerin Carla Del Ponte habe Petritsch bereits kontaktiert,
hieß es am Montag Abend nach einem Treffen der EU-Außenminister in
Brüsseler EU-Kreisen. Petritsch wolle der Einladung aber erst nach seiner Ablösung als
Bosnien-Beauftragter nachkommen, die Ende Mai vorgesehen ist, hieß es
weiter. Del Ponte hatte Petritsch bereits im März vorladen wollen.
Petritsch hatte abgelehnt, solange er seine derzeitigen Funktion
bekleide. Nachher ließe sich darüber reden. Petritsch soll als
österreichischer Botschafter bei der UNO und der WTO nach Genf
wechseln.
Der Nachweis einer direkten Verantwortung Milosevics an der
"ethnischen Säuberung" in Bosnien-Herzegowina, der über 250.000
Menschen zum Opfer gefallen sind und die zur Vertreibung von zwei
Millionen Menschen führte, werde allerdings schwierig sein, hieß es
im Umkreis von Petritsch. Im Kosovo sei die Beweislage einfacher.
Eine Schlüsselrolle im Prozess gegen den ehemaligen Diktator wird
laut EU-Kreisen der früheren Präsidentin der Republika Srpska,
Biljana Plavsic, zukommen. Sie hatte sich im Jänner des Vorjahres
freiwillig dem Kriegsverbrecher-Tribunal gestellt.
Milosevic hatte seinerseits Anfang Februar angekündigt, dass er
prominente westliche Politiker wie den deutschen Bundeskanzler
Gerhard Schröder, dessen Vorgänger Helmut Kohl, UNO-Generalsekretär
Kofi Annan, den früheren US-Präsidenten Bill Clinton, den britischen
Premier Tony Blair sowie den französischen Staatspräsidenten Jacques
Chirac als "direkte Beteiligte" am Balkankonflikt und dem
Friedensabkommen von Dayton von 1995 in den Zeugenstand rufen lassen
will. In Dayton hatte der Westen ein Friedensabkommen ausgehandelt,
um den Konflikt in Bosnien-Herzegowina zu beenden. (APA)