New York/Brüssel/Berlin - Einem Exklusivbericht der New York Times zufolge plant das Pentagon eine intensive, breit gestreute PR-Kampagne, die die öffentliche Meinung im Ausland beeinflussen soll. Das kurz nach dem 11. September 2001 ins Leben gerufene "Office of Strategic Influence" (OSI, Büro für strategischen Einfluss) soll dazu eingesetzt werden, gezielte Informationen - möglicherweise auch Falschmeldungen - an ausländische Medien, nicht nur in feindlichen Nationen, sondern auch befreundeten Ländern zu verbreiten. Laut NYT ist das letzte Wort aber noch nicht gesprochen: Verteidigungsminister Donald Rumsfeld steht zwar der neuen Einrichtung positiv gegenüber, will dessen Pläne aber erst rechtlich prüfen lassen. Auch vonseiten des Weißen Hauses gibt es noch keine endgültige Entscheidung. Der Vorsitzende des mit einem Budget von etlichen Millionen Dollar ausgestatteten OSI, Brigadiergeneral Simon P. Worden, hat angeblich bereits eine Reihe von geheimen Vorschlägen für aggressive Kampagnen im Pentagon zirkulieren lassen. Als Unterstützung für das OSI wurde vor kurzem eine internationale Konsulentenfirma, The Rendon Group, zum stolzen Preis von 100.000 Dollar (114.970 EURO/ 1,58 Mio. S) pro Monat angeheuert, die sich bereits in den Diensten des CIA profiliert hatte und zu deren Klienten die Königsfamilie von Kuwait und die irakische Opposition zählen. Unterminierte Glaubwürdigkeit Obwohl das Pentagon schon früher in Krisenzeiten aktiv Propaganda betrieben hatte - etwa das Abwerfen von Flugzetteln über dem Taliban-dominierten Afghanistan -, war die Verbreitung echter (sowie falscher) Information bisher immer die Aufgabe des Außenministeriums. Gegner der geplanten Kampagne des Pentagons, darunter auch Beamte des Verteidigungsministeriums selbst, argumentieren, dass etwaige Falschmeldungen die Glaubwürdigkeit anderer (wahrheitsgetreuer) Informationen, die aus dem Pentagon kommen, unterminieren könnten. Auch könnten Falschmeldungen in ausländischen Medien oder Agenturen von amerikanischen Medien aufgegriffen werden und die Amerikaner selbst verwirren. Die New York Times weist darauf hin, dass sich diese Pläne zu einem Zeitpunkt konkretisieren, zu dem sich die Bush-Regierung anscheinend über einen möglichen Angriff auf Saddam Hussein geeinigt hat. Das Blatt zitiert einen hohen Militär: "Saddam führt eine andauernde Charmeoffensive, und wir haben nichts dazu getan, dem entgegenzuwirken." Solana: "Mehr Zurückhaltung" Der außenpolitische Koordinator der Europäischen Union (EU), Javier Solana, hat mehr Zurückhaltung bei Kritik an den USA verlangt. Weder die EU noch die USA sollten mit den Beziehungen zwischen beiden Seiten leichtfertig umgehen, mahnte Solana am Dienstag in Brüssel. "Unter Freunden müssen wir uns die Wahrheit ins Gesicht sagen können, aber wir müssen das nicht unbedingt mit dem Lautsprecher tun." Zugleich nahm Solana die USA gegen Kritik des französischen Außenministers Hubert Védrine in Schutz, sie verfolgten eine vereinfachende Politik im Antiterrorkrieg. "Ich glaube nicht, dass die USA vereinfachen. Das sind Leute, die differenzieren." Auch der deutsche Außenminister Joschka Fischer sieht sich wegen seiner distanzierten Haltung zur Außenpolitik der USA weiter der Kritik seitens der Opposition ausgesetzt. Am Dienstag warf der CDU-Außenpolitiker Friedbert Pflügler dem grünen Minister vor, dass er mit seinen Warnungen vor einem möglichen Krieg gegen den Irak einen "Popanz" aufbaue. Niemand in Washington plane einen Bombenkrieg gegen Bagdad. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 20.2.2002)