Ein lebhafter Abend in der Neubaugasse: Schließlich ist auch Der Revisor ins Renaissancetheater gekommen. 1836 von Gogol in die russischen Steppe entsandt, wird er jetzt, als junges Gigerl (Reinhold Moritz) konserviert, vom Regisseur Christian von Treskow auf den Laufsteg geschickt. In großem Tempo zieht hier, schillernd wie die Mode, die korrupte Kleinstadt auf. Der Ehrgeiz nach der fernen Stadt Petersburg erwacht, primär bei Frau und Tochter des Stadthauptmannes, die um die Gunst des vermeintlichen Revisors Chlestakow buhlen. Dabei ist alles nur ein Gerücht. Gogol zeigt, dass Macht auf Projektionen beruht und mit diesen auch zusammenstürzt wie ein heißer Guglhupf. Treskows Regie ist weniger politisch und verlegt sich stärker auf die Revue von Haltungen: Die Beamtenkostüme wechseln schnell mit historischen Zitaten. Eine Szene wird in Osama-Bin-Laden-Bärten absolviert, in der Folgeszene tritt Chlestakow in Christuskostüm auf. Sehr schwungvoll, sehr jugendlich; einige Schauspieler hätten aber vor zu viel Klamauk bewahrt werden müssen. Schließlich standen im guten Programmheft die klugen Benn-Verse: "das ist der Mensch von heute,/das Innere ein Vakuum, die Kontinuität der Persönlichkeit wird gewahrt von den Anzügen". Und das heißt auch: keine Psychologisierung, mehr Typenhaftigkeit. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19. 2. 2002)