EU
EU-Reformkonvent muss noch Arbeitsweise ausknobeln
Europa-Parlament will sich nichts von "oben" diktieren lassen
Brüssel - Eine Woche vor der feierlichen Eröffnung des
EU-Reformkonvents am 28. Februar zeichnen sich knifflige
Auseinandersetzungen über die Arbeitsweise des neuen Gremiums ab. Bis
sich Präsidium und Vertreter der EU-Regierungen, des
Europa-Parlaments und der nationalen Parlamente auf eine
Geschäftsordnung geeinigt hätten, dürften ein oder zwei Monate
vergehen, sagte das stellvertretende Mitglied des Europa-Parlaments
im Konvent, Reinhard Rack (V) am Mittwoch gegenüber Journalisten. Das Europa-Parlament, das 16 Vertreter in den Konvent entsenden
wird, hat sich bereits entschieden gegen einen Vorschlag des
Präsidenten Valery Gidscard d'Estaing gewandt, nach dem das Präsidium
dem Plenum die Vorlagen zu den einzelnen Reformbereichen zur Beratung
vorgelegt hätte. Das Parlament will sich allerdings die Vorgangsweise
nicht diktieren lassen und den Eindruck vermeiden, dass die
EU-Regierungen wie in der Vergangenheit den Ton angeben.
Vorschläge dürften nicht "von oben herunter" kommen
Eine Zustimmung "per Akklamation" werde es nicht geben, warnte der
Europa-Abgeordnete Elmar Brok (CDU) bereits am Dienstag. Rack
erläuterte, die Vorschläge dürften nicht "von oben herunter" kommen,
das wäre das "falsche Signal". Sie müssten vielmehr von "unten nach
oben" gehen, der Konvent solle sie im Plenum oder in Ausschüssen
erarbeiten. Mit den nationalen Parlamentariern sei diese Position
noch nicht abgestimmt worden. Giscard habe laut Rack bereits
Kompromissbereitschaft erkennen lassen, da sein ursprünglicher Plan
kaum Erfolgsaussichten hätte.
Unklar ist auch noch, wie häufig das 105-köpfige Gremium
zusammentreten soll. Der Konvent soll erstmals in der Geschichte der
europäischen Integration die nächsten Reformschritte an Stelle der
EU-Regierungen vorbereiten, um einen weiteren Demokratisierungsschub
in der EU auszulösen.
Fünf Themenbereiche
Die EU-Parlamentsvertreter haben bereits fünf Themenbereiche
zusammengestellt, um die über 60 Fragen in der Schlusserklärung des
Laekener EU-Gipfels zu komprimieren und der Öffentlichkeit besser
verständlich zu machen. Dazu gehören unter dem Stichwort "Ziele und
Werte der EU" etwa die rechtsverbindliche Verankerung der
EU-Grundrechtecharta in den EU-Vertrag, die "Stellung der EU in der
Welt" (praktische Umsetzung der gemeinsamen Außen- und
Sicherheitspolitik), "demokratische Legitimierung" der EU durch
öffentliche Sitzungen des Rates und mehr Mehrheitsentscheidungen im
Rat, um die EU angesichts der Erweiterung funktionsfähig zu erhalten.
Zur Auswahl der beiden österreichischen Vertreter im Konvent,
Hannes Farnleitner (V) und Reinhard Bösch (F), meinte Rack,
Farnleitner sei zwar "kein ausgewiesener Verfassungsexperte", ihm
komme aber auf Grund seiner früheren Ministertätigkeit politisches
Gewicht zu. Bösch sei als Vertreter der Freiheitlichen entsandt
worden. Es sei wichtig, alle europäischen politischen Familien in das
Konvent einzubeziehen, auch solche mit unterschiedlicher EU-Position.(APA)