Bei Einladungen in großbürgerlichen Haushalten kann man jetzt des Öfteren die tastende Frage hören: "Also, was ist Ihre Ansicht, die Regierung macht doch trotz allem ihre Sache ganz gut . . ." Wenn man dann entgegnet: "Na ja, wenn es Sie nicht stört, dass Sie jetzt nicht unbeträchtlich mehr Steuer zahlen", kommt meist die Antwort: "Schon, aber der Grasser wirkt doch sehr gut . . .". So ist es, er wirkt gut, und das verschafft ihm Spitzenwerte in den Meinungsumfragen.
Irgendwie scheint es mit dem Austro-Masochismus (den der Psychiater Stefan Rudas in seinem neuen Buch "Österreich auf der Couch" behandelt) doch etwas auf sich zu haben. Karl-Heinz Grasser wird aber etwas übermütig. Eine Steuersenkung kann er jetzt nicht versprechen (sondern erst für 2010, dann aber saftig! Allerdings wird er dann schon längst wieder bei Stronach sitzen), dafür stellt er jetzt aber eine Erhöhung der Grundsteuer und der Einheitswerte so bald wie möglich in Aussicht. Das erfreut Hunderttausende Eigenheimbesitzer und Landwirte vor allem unter der Wählerschaft der ÖVP, aber auch der FPÖ und stärkt den Zusammenhalt der Koalition.
Aber einem Grasser kann man ja nicht böse sein, denn er wirkt so gut. (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 21.2.2002)