Afghanistan
Britische ISAF-Soldaten in Kabul erneut unter Beschuss
CIA-Bericht warnt vor Chaos in Afghanistan - Kritik an Ausbleiben von Afghanistan-Hilfe
Kabul/Taschkent/Brüssel - Zum zweiten Mal
innerhalb weniger Tage sind britische Soldaten der
Afghanistan-Schutztruppe ISAF in Kabul von Unbekannten unter Beschuss
genommen worden. Wie ein ISAF-Sprecher am Donnerstag mitteilte,
ereignete sich der Vorfall am Vorabend während einer Routinekontrolle
im Westen der Hauptstadt. Die britischen Soldaten hätten das Feuer
erwidert, hieß es. Verletzt worden sei niemand. Im gleichen Sektor
Kabuls waren am Samstag bei einem Schusswechsel mit britischen
Soldaten ein Afghane getötet und fünf weitere verletzt worden. Nach
ISAF-Angaben hatten Heckenschützen eine Patrouille der Schutztruppe
angegriffen, die das Feuer erwiderte.27 Luftabwehrraketen gefunden
Die US-geführte internationale Anti-Terror-Allianz entdeckte
unterdessen in einem Versteck im Südosten Afghanistans 27
Luftabwehrraketen, die offenbar ihren Luftwaffenstützpunkt in
Kandahar bedrohten. Nach US-Angaben handelte es sich um sowjetische
und chinesische Boden-Luft-Raketen, die gegen die Luftwaffenbasis
gerichtet waren. Die Waffen seien Anfang der Woche von einem
Spezialkommando zerstört worden. Den Angaben zufolge hatten Bewohner
der Region US-Soldaten auf das Versteck in der rund 100 Kilometer von
Kandahar entfernten Ortschaft Tarin Kowt aufmerksam gemacht.
"Saat für einen Bürgerkrieg"
Angesichts bewaffneter Konflikte zwischen unterschiedlichen
Volksgruppen warnte der US-Geheimdienst CIA nach Presseberichten vor
einem Chaos in dem Land. Es gebe in Afghanistan "die Saat für einen
Bürgerkrieg", zitierte die "New York Times" einen CIA-Beamten. Im
Norden des Landes vereinbarten angeblich usbekische und tadschikische
Gruppen, die sich in den letzten Wochen erbitterte Kämpfe geliefert
hatten, eine Waffenruhe. Wie der tadschikische Kommandant Atta
Mohammed am Donnerstag mitteilte, solle zunächst ein Inventar der
Waffen erstellt werden. Anschließend sollten die Waffen freiwillig
der Regierung übergeben werden.
Ausländische Taliban-Kämpfer sollen ausgewiesen werden
Die afghanischen Behörden wollen tausende ausländischer
Taliban-Kämpfer ausweisen, wie der stellvertretende afghanische
Verteidigungsminister Rashid Dostum am Donnerstag im Staatsfernsehen
des benachbarten Usbekistan ankündigte. In Absprache mit der
Übergangsregierung in Kabul sollten zunächst die gefangenen
Taliban-Angehörigen aus dem Norden des Landes ausgewiesen werden.
Nach Dostums Angaben sind allein im Gefängnis der Stadt Shibirgan
fast 3500 Angehörige der Taliban und der Terrororganisation El Kaida
inhaftiert, von denen mehr als drei Viertel Ausländer seien. Als
Herkunftsländer nannte Dostum Pakistan, China und eine Reihe
arabischer Staaten.
Jedes sechste Kind stark unterernährt
Im Norden Afghanistans hungern immer mehr Menschen, während die
zugesagte Hilfe der internationalen Gemeinschaft ausbleibt, wie die
Organisation "Ärzte ohne Grenzen" (MSF) mitteilte. Jedes sechste Kind
sei sehr stark unterernährt, sagte MSF-Direktor Christopher Stokes am
Donnerstag in Brüssel. Im Norden Afghanistan entwickle sich eine
Katastrophe, und die könne nur durch schnelle und uneingeschränkte
Hilfe abgewendet werden, sagte Stokes. "Nach allem was wir wissen,
kommen die Lebensmittel, die wir brauchen, um die Leute
durchzubringen, in den abgelegenen Gebieten des Norden kaum an."
Stokes beklagte, dass die internationalen Geber ihre Hilfszusagen
nicht einhielten. "Wir sind zunehmend darüber frustriert", sagte er.
Die Zusagen der Spitzenpolitiker und internationalen Organisationen
hätten vielen Betroffenen bisher wenig gebracht.(APA/dpa/Reuters)