Wien - Das in der Donnerstag-Ausgabe der deutschen Zeitung "Junge Welt" erschienene angebliche Interview mit dem österreichischen Schriftsteller Peter Handke ist von der Redaktion des Blattes zurückgezogen worden. Das teilt die Zeitung in ihrer Internetausgabe mit. Zuvor hatte der Suhrkamp Verlags erklärt, dass das "Kneipengespräch" Handkes über Serbien und den in Den Haag angeklagten jugoslawischen Ex-Präsidenten Slobodan Milosevic nicht als Interview autorisiert gewesen sei. "Es hat kein Interview in Den Haag mit mir stattgefunden. Niemand darf und kann so reden wie der fiktive P. H. da, und schon gar nicht kann so reden der wirkliche P.H..", zitiert der Verlag Peter Handke. Die Aussagen Vor dem Haager Kriegsverbrecher- Tribunal habe Ex-Präsident Slobodan Milosevic "auf brillante Weise" beschrieben, was in Jugoslawien tatsächlich geschehen sei, soll Handke gesagt haben: "Ich bin beeindruckt von seiner Rede, seine Worte waren wundervoll!" "Das öffentliche Bild basiert auf einer reinen Konstruktion von Lügen", habe Handke weiters kritisiert. Westliche Politiker und Medien hätten versucht, die Serben als ein nationalistisches, aggressives Volk darzustellen: "Wie allseits bekannt sein dürfte, habe ich mich schon viele Jahre mit den Konflikten im ehemaligen Jugoslawien beschäftigt und mir auch schon früh eine eigene Meinung gebildet, die der öffentlichen Wahrnehmung weitgehend entgegensteht. Ich kann nur sagen: Wenn man einmal durchschaut hat, was in Jugoslawien wirklich passiert ist, dann kann man von diesem Thema nicht mehr loskommen. Darum bin ich nach Den Haag gefahren". "Sie haben keine Erfahrungen, wie man einen aggressiven Krieg führt" Jugoslawien sei "mit Hilfe westlicher Regierungen zerbrochen." Die Serben im Kosovo hätten "in ständiger Angst" gelebt. "Von allen Volksgruppen auf dem Balkan sind in meinen Augen die Serben die am wenigsten nationalistischen. Die Entwicklung in den anderen Teilstaaten, erstarkende nationalistische Bewegungen in Kroatien, Bosnien-Herzegowina und eben im Kosovo, haben die Serben zu einer Reaktion gezwungen. Doch wirklich nationalistisch sind sie dadurch nicht geworden." Anders als andere Staaten habe Serbien niemals einen Angriffskrieg gegen ein anderes Land geführt, "sie haben keine Erfahrungen, wie man einen aggressiven Krieg führt". "Ich gebe ein kurzes Beispiel aus dem Krieg in Bosnien-Herzegowina: Serbische Truppen wären in der Lage gewesen, innerhalb von zwei Tagen Sarajewo einzunehmen. Doch statt dessen haben sie die Stadt umstellt, von Zeit zu Zeit ein paar Schüsse abgefeuert und gewartet. Sie haben versucht, ihre eigenen Gebiete zu sichern, das war ihr einziges Ziel." "Manchmal frage ich mich, warum es eine Mehrheit in der Bevölkerung gibt, die all das nicht sieht. Eigentlich müßten doch alle Menschen Serbien und Slobodan Milosevic unterstützen", soll der Schriftsteller gemeint haben. (APA/red)