Schon ein paar Wochen nach ihrer Erfindung ist die Achse des Bösen auch nicht mehr das, was sie einmal war. Zu ihrer definitorischen Aufweichung hat kein Geringerer als George W. Bush selbst beigetragen, als er in Peking die chinesische Regierung um Vermittlung im Konflikt mit Nordkorea bat, das bekanntlich neben dem Irak und Iran konstituierender Bestandteil dieser Achse ist. Das Böse, so die unvermutet milde Botschaft von Bush, muss nicht zwangsläufig niedergebombt werden, sondern man kann und soll mit dem Bösen auch reden.
Für dünnhäutige Kritiker der amerikanischen Antiterrorpolitik, die bei der Erwähnung des Wortes "böse" sofort von hysterisch-apokalyptischen Visionen heimgesucht werden, wird das ein schwacher Trost sein. Dennoch war die von Bush in Peking ausgesandte Botschaft bemerkenswert. Was ihn dazu bewogen hat, mit einem Mal in eine vergleichsweise samtpfötige Tonart überzuwechseln, bleibt zwar das süße Geheimnis seiner Sicherheitsberater, ist aber andererseits auch nicht übertrieben schwer zu erraten. Auf tragfähige amerikanisch-chinesische Beziehungen, denen eine scharfe Kampfrhetorik zuwiderliefe, legt man in Washington derzeit großen Wert. Wahrscheinlich hat die zunehmende Kritik aus Europa eine Rolle gespielt, und sicher jene Stimmen in den USA, die zu einem differenzierten Umgang mit Iran mahnen.

Der demokratische Senator Joseph Biden hat kürzlich auf die Reporterfrage, wie es denn die Kongressdemokraten mit der Achse des Bösen hielten, cool entgegnet, dazu müsse man sich erst künftig genau ansehen, was Bush mit dieser Achse eigentlich meine. Ganz in diesem Sinne, nicht als endgültig definierte, sondern als pragmatisch veränderbare Einheit scheint sie auch der Präsident selbst zu verstehen. Die Achse des Bösen bleibt ein Work in Progress, Korrekturmöglichkeiten behält sich die Regierung Bush bis auf weiteres vor.