Wien - Für seine Aschermittwochrede hat der FPÖ-Politiker Hans Achatz einen Lichtblick ausgemacht: In Kärnten gebe es eine im Jänner gestiegene Geburtenrate. Ein Erfolg des Kinderbetreuungsgeldes. Die offiziellen Zahlen enden im Dezember - und da kommt die Statistik Austria zu einem anderen Ergebnis: Im Vorjahr gab es österreichweit ein Geburtenminus von 3,8 Prozent. Spitzenreiter mit minus 12,2 Prozent im Dezember ist aber gerade Kärnten, übers Jahr 2001 gerechnet waren es dort immerhin minus 3,1 Prozent. Mag sein, dass da der eine oder andere aufgeschobene Kinderwunsch - voll wirksam wird das Kinderbetreuungsgeld erst in diesem Jahr - die Statistik kurzfristig beeinflusst, räumt Josef Kytir von der Statistik Austria ein: "Eine Maßnahme wie das Kindergeld kann kurzfristig wirken, aber das pendelt sich mittelfristig ein und schlägt dann ins Gegenteil um." Zahlen schwächer Wenn es in einigen Partnerschaften tatsächlich eine auf die finanzielle Leistung hingezielte Geburtenplanung geben sollte, dann gäbe es eben im Jahr 2002 aufgeschobene beziehungsweise vorgezogene Geburten, die dann die Zahlen in den Folgejahren eben "schwächer" aussehen lassen. Gegen den langfristigen Trend lasse sich wenig machen - "da steckt nur teilweise eine individuelle Verhaltenskomponente drinnen", sagt Bevölkerungswissenschafter Kytir. Zu etwa der Hälfte ist der Geburtenrückgang nämlich auf die ständig sinkende Zahl potenzieller Mütter zurückzuführen: Die Geburtenzahl sank nämlich schon in den Siebziger- und Achtzigerjahren - weil damals weniger Mädchen geboren wurden, gibt es heute weniger junge Frauen im gebärfähigen Alter. Sie sind auch durch noch so große finanzielle Anreize nicht zu ersetzen. Kytir: "Es traut sich auch kein Politiker ganz offen zu behaupten, dass man das Kindergeld bevölkerungspolitisch braucht, denn wirklich beeinflussen lässt sich die Fertilität nicht." Allenfalls könnte Zuwanderung eine Abfederung bewirken; eine gezielte Zuwanderung von gebärfähigen Ausländerinnen mag aber auch niemand fordern. Die Zusammensetzung der (legalen) Migranten belegt aber, dass derzeit ohnehin mehr junge Frauen einwandern als zu Zeiten einer männlich geprägten Arbeitsmigration. 1,34 Kinder pro Frau Auch Rudolf Schipfer vom Institut für Familienforschung (ÖIF) meint, dass nur ein Bündel von Maßnahmen - finanzielle Hilfen, Initiativen im Bereich "Beruf und Familie" sowie soziale Veränderungen für ein kinderfreundliches Umfeld die Geburtenrate mittelfristig erhöhen könnten. Dass ein Niveau wie 1970 - 2,3 Kinder pro Frau, was das Bevölkerungsniveau mehr als erhält - wieder erreicht wird, scheint wenig realistisch. Die Berechnung für 2000: Eine durchschnittliche Österreicherin bringt während ihres Lebens 1,34 Kinder zur Welt. Doch das ÖIF tröstet mit einer Studie: Selbst ohne Zuwanderung wird die Bevölkerung in der EU nicht aussterben. Ein Modell von Wolfgang Lutz (IIASA Laxenburg) zeigt, dass die Bevölkerung der EU ohne weitere Zuwanderung und ohne gravierende Verhaltensänderung von derzeit 375 Millionen bis zum Jahr 2050 auf 298 Millionen sinken würde. Auch in hundert Jahren würde Europa nicht aussterben, sondern die Bevölkerung bloß auf 186 Millionen halbieren. Dann aber ginge es bergab: 30 Millionen im Jahr 2300 und nur 50.000 im Jahr 3000 - "Das ist natürlich eine unrealistische und rein hypothetische Modellrechnung", sagt das ÖIE. (DER STANDARD, Printausgabe,22.2.2002)