München - Die Eurolinux-Allianz übt scharfe Kritik am Vorschlag der Richtlinien für IT-Patente, den die EU-Kommission am Mittwoch präsentiert hat. Nach Ansicht der Organisation ist die vorgeschlagene Regelung so formuliert, dass sie - entgegen den offiziellen EU-Verlautbarungen - Softwarepatente ermöglicht und dadurch Innovationen hemmt. Konflikt um die Begrifflichkeit des "technischen Beitrags" Der Konflikt dreht sich konkret um die Begrifflichkeit des "technischen Beitrags". Der Nachweis einer technischen Neuerung stellt das Hauptkriterium bei der Frage nach der Patentierbarkeit eines Produktes dar. "Ein technischer Beitrag ist ein Beitrag zum Stand der Technik auf dem Gebiet der Technik, der für eine fachkundige Person nicht nahe liegend ist", heißt es in Artikel 2 des Richtlinienvorschlags. "Die ganze Richtlinie ist von Tautologien durchzogen. Konkret will die EU alles, was auf dem Computer läuft, für patentfähig befinden", so Hartmut Pilch, Sprecher der Eurolinux-Allianz. Es drohe eine Flut an Softwarepatenten Obwohl Software grundsätzlich aus der Definition ausgeschlossen ist, drohe daher laut Pilch eine Flut an Softwarepatenten, was Kleinbetriebe und Softwarentwickler massiv benachteilige und die Marktherrschaft großer Unternehmen festige. Eine Lähmung der Innovationsentwicklung wäre die Folge. Bereits in der Entstehungsphase des Entwurfs hat sich Eurolinux als Gruppe von Unternehmen und Verbänden, die die Entwicklung von quelloffener Software wie Linux unterstützt, massiv gegen die Ausweitung des Patentrechts eingesetzt. Im Rahmen eines von der Kommission veröffentlichten Diskussionspapiers trafen 1.447 Beiträge ein, von denen über 90 Prozent aus dem Umfeld der Allianz kamen. "Unter den Befürwortern des Vorschlags waren Vertreter großer Konzerne und Verbände, was der EU-Kommission ermöglichte, weniger als zehn Prozent der Teilnehmer als die ‚wirtschaftliche Mehrheit‘ zu bezeichnen", so Pilch weiter. Technischer Charakter entschweidet über die Patentwürdigkeit Gleichzeitig unterstellt Eurolinux dem Europäischen Patentamt die gesetzeswidrige Erteilung von 30.000 Software- und Geschäftsverfahrenspatenten in den letzten Jahren, die erst durch die neuen Richtlinien eine legale Basis bekommen würden. Gert Kolle, Direktor für internationale Rechtsangelegenheiten des Europäischen Patentamts, weist gegenüber pte die Vorwürfe zurück: "Es ist unbestritten, dass eine Reihe von Patenten in den letzten Jahren softwarebezogene Erfindungen waren. Ebenso unbestritten ist, dass jeweils der technische Charakter über die Patentwürdigkeit entschieden hat. Die Rechtsprechung unserer Beschwerdekammern entscheidet über die Patentierbarkeit und jeder einzelne Fall wird sehr genau geprüft." (pte)