Wien - Bernhard Görg ist "nicht Hercule Poirot". Deshalb, so der Wiener VP-Obmann, stehe er dazu: Ein Stadtrat trägt die politische Verantwortung für sein Ressort - aber es sei ihm nicht zuzumuten, jedes Datum und jede Korrektur in jedem Papier zu untersuchen.

Freitagvormittag sprach Görg von sich selbst: In seine Zeit als Planungsstadtrat fallen zwei der fünf vom Kontrollamt wegen Rechtswidrig-und Ungereimtheiten beanstandeten Widmungsakte des ehemaligen Leiters der MA 21B. In den handschriftlichen Bemerkungen des mittlerweile pensionierten Spitzenbeamten findet sich ein Vermerk, wonach Görg interveniert habe. "Ansonsten werden alle Angaben des Mannes infrage gestellt, aber diese eine nicht?", wunderte sich Görg - und kündigte an, dass die VP den Antrag von Grünen und FP auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses mittragen werde: Er habe nichts zu verbergen.

Keine Zweifel

Dass er als Ressortchef den nun wegen seiner Widmungspraxis - die Bauträgern Gewinne in Millionenhöhe verschafft haben soll - so heftig angegriffenen Beamten nicht im Auge gehabt habe, stimme nicht, erklärte Görg: "Eine Woche nach meinem Amtsantritt wurde ich auf ihn aufmerksam gemacht." Er habe den Mann auf die Gerüchte angesprochen, habe aber bis Oktober 1998 keinen Grund gefunden, an ihm zu zweifeln.

Doch auch da, bei der Besprechung eines der vom Kontrollamt nun untersuchten Fälle habe es Rechtsgutachten gegeben, die die Ansicht des Beamten gestützt hätten. Da rathausintern auch gegenteilige Rechtsansichten vorlagen, habe er, Görg, die rechtliche Situation klären lassen: Die Umwidmung des ehemaligen Atzgersdorfer Friedhofs zu Bauland habe ja auch nicht stattgefunden. Der Amtsleiter habe schon vor ihm die MA 21B geleitet: "Nicht der Stadtrat, sondern der Bürgermeister ist dienstrechtlich der Vorgesetzte."

In diesem Punkt geben dem Explanungsstadtrat auch die Grünen Recht: "Wir haben vor 18 Monaten Unterlagen im Büro des Bürgermeisters abgegeben", erklärt Grünengemeinderat Günther Kenesei, "aber erst am Donnerstag wurden disziplinarrechtliche Maßnahmen ergriffen." Gegenüber dem STANDARD betonte Planungsstadtrat Rudolf Schicker allerdings, dass "ab dem Zeitpunkt, als der Prüfbericht des Kontrollamtes fertig war" disziplinäre Schritte eingeleitet worden seien.

Dass ein Untersuchungsausschuss - wie von den Grünen und der FP vermutet - einen ganzen Sumpf widerrechtlicher oder auf Gegenleistung basierender Flächenwidmungen finden werde, bezweifelt Görg: "Natürlich gibt es immer wieder Widmungsgrenzfälle. Etwa wenn ein Unternehmen mit der Arbeitsplatzkeule ,Abwanderung' droht. Auch individuelle Fehlleistungen Einzelner wird man finden." Dennoch, hofft der Exstadtrat, werde sich dabei eines bestätigen: "Wien ist nicht Palermo." (rott, DER STANDARD, Print vom 23./24.2.2002)